Mönchengladbach. Mit Wucht und Witz an die Spitze
Mönchengladbach · Gegen Augsburg dreht Gladbach das erste Mal in der Saison richtig auf – und erklimmt damit zum 132. Mal Platz eins in der Bundesliga.
Was anderen ambitionierten Klubs am Samstag missglückte, gelang Borussia Mönchengladbach gestern Mittag vor heimischem Publikum mit Wucht und Leichtigkeit, mit Spielwitz und großem Herzen: der Sprung auf Rang eins in der Fußball-Bundesliga. Der 5:1-Sieg gegen den FC Augsburg löste dann auch beim Fußball-Fest für „Frühaufsteher“ im Borussia-Park – Anstoß war um 13.30 Uhr – große Begeisterung aus.
„Spitzenreiter, Spitzenreiter“ intonierten die Zuschauer nach dem Abpfiff begeistert, bei denen gleich nach dem ersten erfolgreichen Angriff (2.) und dem Treffer durch Denis Zakaria der Funke übersprang. Und beim Blitzstart vor mehr als 50 000 Zuschauern sollte es nicht bleiben. Energie und Angriffswucht ließen auch in der Folge nicht nach. Bis zur 13. Minute erhöhte der glänzend aufgelegte Patrick Herrmann auf 2:0 und 3:0. In diesem Augenblick war klar, dass die vor Spielfreude sprühende Fohlen-Elf ihren Spitzenplatz nicht mehr aus der Hand geben würde.
„Die Lust, Fußball zu spielen, war von Anfang an zu spüren“, sagte Cheftrainer Marco Rose nach dem vierten Liga-Sieg in Folge. Dem Doppeltorschützen Herrmann spendete er ein Extra-Lob. „Er hat ein hervorragendes Spiel gemacht. Schon zuletzt in Köln habe ich dieses Flackern in den Augen bei ihm gesehen und ihn gebracht.“ Das Flackern war offenbar auch diesmal wieder da.
100 Tage sind geschafft. Borussia Mönchengladbachs neuer Cheftrainer hat nach einer sechsjährigen kreativen Schaffenszeit in Österreich nun auch erkennbar die ersten Spuren in der deutschen Eliteliga hinterlassen. Während seine Mannschaft sich mit dem Thema Europapokal noch nicht richtig hat anfreunden können, gegen Wolfsberg unter die Räder kam (0:4) und beim 1:1 am Bosporus gegen Basaksehir Istanbul ebenfalls enttäuschte, sorgt sie im Alltagsgeschäft Bundesliga mittlerweile für Furore.
Beim 5:1-Triumph seiner Mannschaft gegen den FC Augsburg war erstmals in dieser Saison über weite Strecken des Spiels jene positive und kraftvolle Energie zu erkennen, die Marco Rose bei RB Salzburg etabliert hatte und die ihn zu einem europaweit begehrten Trainer werden ließ. Schwerpunkt: Hohes Pressing, schnelles Umschaltspiel und mit Wucht die gegnerische Defensive bearbeiten. Zudem blitzte gestern jederzeit eine enorme Leidenschaft auf, die die Zuschauer zeitweise regelrecht mitriss. Das alles war zu viel für die biederen Augsburger. „Die Gladbacher haben uns mit ihrer Qualität irgendwie zerlegt“, konstatierte Augsburgs Trainer Martin Schmidt treffend.
Die Tatsache, dass die Borussia erstmals seit der Spielzeit 2011/2012 wieder einmal die Spitze eroberte, bewertete Rose relativ nüchtern: „Wir sind jetzt Spitzenreiter in einer engen Liga. Okay, das nehmen wir gerne mit. Aber es ist halt eine Momentaufnahme.“ Übrigens zum 132. Mal seit dem Bundesliga-Aufstieg 1965 hat es der fünffache Deutsche Meister nach ganz oben geschafft. Nur der FC Bayern München und Borussia Dortmund grüßten noch öfter von der Spitze.
Die Anhänger der Gladbacher konnten sich nach dem drastischen Fahnenentzug in der türkischen Metropole und weiteren Repressalien endlich wieder frei bewegen, Fahnen schwenken, Banner ausrollen und entspannt dem Spiel hingeben. Das alles war ob des Gladbacher Offensivschwungs bei permanentem Nieselregen umso schöner. Marco Rose strahlte rund 64 Stunden nach einer eher dürftigen Vorstellung am Bosporus dann doch einmal: „Prima, dass wir unseren Fans bei dem Wetter ein kleines Fest bereitet haben.“
Kleines Fest? Es war ein bisschen mehr, zumal die Gastgeber auch im weiteren Verlauf der Begegnung das Tempo hochhielten und wachsam blieben. Plea erhöhte noch auf 4:0, ehe Breel Embolo nach dem Anschlusstreffer durch Niederlechner den alten Abstand wiederherstellte.
Mit dem guten Gefühl eines klaren Siegs und einer starken Vorstellung gehen die Borussen nun in eine fast 14-tägige Bundesliga-Pause. Zehn Gladbacher sind mit ihren Nationalteams in alle Winde verstreut und kämpfen um die Tickets für die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr, ehe der Liga-Alltag am 19. Oktober bei Borussia Dortmund weitergeht. Bis dahin grüßt die Fohlen-Elf von ganz oben. „Als Fan würde ich mir jetzt auch ein Bier schnappen. Oder fünf – für jedes Tor eins“, kommentierte Gladbachs Verteidiger Tony Jantschke.