Christoph Kramer redet zu viel
Dass Gladbachs Mittelfeldspieler just vor dem Spiel gegen Leverkusen vom Bayer-Konzept schwärmt, ist irritierend.
Mönchengladbach. Als Christoph Kramer vor anderthalb Jahren im Borussia-Park auflief, rieben sich Gladbachs Anhänger verdutzt die Augen. „Was will Lucien Favre denn mit dieser Leihgabe aus Leverkusen?“, fragten viele. Sie verstummten schnell. Im defensiven Mittelfeld überzeugte Kramer derart, dass er mit nach Brasilien durfte und Fußball-Weltmeister wurde. Dass die Medien den 23-Jährigen seitdem ganz oben auf dem Zettel haben, versteht sich von selbst.
Im Sommer klagte der junge Mann aus Solingen im „Spiegel“-Interview darüber, das Fußballgeschäft sei wie moderner Menschenhandel. Kramer musste sich danach Belehrungen anhören. Kleinlaut räumte er ein, dass Menschenhandel mit dem, was in Verträgen von Fußballprofis geregelt ist, wohl doch nichts gemein hat. Bei Gladbachs Anhängern konnte Kramer mit dem Interview trotzdem punkten. Schließlich war das Interesse des Spielers, nach dem Ende des Ausleihgeschäftes Mitte 2015 im Borussia-Park zu bleiben, unverkennbar.
Umso überraschender ist es, dass sich Kramer ausgerechnet vor dem Spiel seiner Mannschaft am Sonntag in Leverkusen erneut zu Wort meldet. Er verlasse Gladbach im Sommer nicht, weil der Vertrag ihn dazu zwinge, sondern weil ihn das Konzept von Bayer Leverkusen total überzeugt habe.
Mehr als der unglückliche Zeitpunkt dieser Äußerung irritiert deren Inhalt. Gladbachs Konzept unter Favre ist für Spieler wie Kramer wie gemalt. Als Talent mit riesigem Potenzial hat er dort mehr als eine Chance bekommen. Denn Favre weiß, dass auch schwächere Auftritte zur Entwicklung gehören.
In Leverkusen läuft das anders. Dort ist wesentlich mehr Geld unterwegs, die Ansprüche sind höher. Geduld gehört nicht zu den Tugenden unter dem Bayer-Kreuz. Gut möglich, dass Christoph Kramer in Leverkusen häufiger auf der Ersatzbank sitzt als ihm lieb ist.