Borussia Mönchengladbach Das Gladbacher Remis in Leipzig in der Analyse
Die Fohlenelf hat am 4. Spieltag ein 2:2 (1:2)-Remis bei Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig erkämpft.
Leipzig. Borussia Mönchengladbach ist in der Fußball-Bundesliga ein Achtungserfolg gelungen. Die Elf vom Niederrhein hat am 4. Spieltag ein 2:2 (1:2)-Remis bei Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer RB Leipzig erkämpft. Werner hatte den Brauseklub zunächst in Führung gebracht, ehe Hazard per Strafstoß egalisierte. Die erneute Leipziger Führung markierte Augustin. Stindl war es dann, der für Gladbach zum hochverdienten Endstand traf. Bereits am Dienstag hat Borussia das nächste Liga-Duell vor der Brust, dann kommt Aufsteiger Stuttgart in die VfL-Arena.
Der Moment des Spiels: Aus Gladbacher Sicht ist das sicherlich die Szene gewesen, als in der 47. Spielminute der zur Pause eingewechselte Patrick Herrmann einen Fehler des Kollegen Zakarias ausbügelt und dank eines tollen Sprints in allerletzter Sekunde Leipzigs Forsberg daran hindern kann, auf 3:1 zu erhöhen. Herrmann hält so die Fohlen im Spiel, die im Anschluss die Partie beinahe sogar noch komplett drehen können. Herrmanns Rettungs-Tat — für Borussia der Moment des Spiels.
Der Spieler des Spiels: Der heißt nicht Werner oder Stindl, sondern Christoph Kramer. Borussias Weltmeister steht mit seinem Einsatz und Willen sinnbildlich für den beherzten Auftritt des VfL in Leipzig. Kramer stemmt sich gegen die Niederlage und reißt so die Kollegen mit. Da passt es ins Bild, dass er nach einem Tritt von Keita ins Gesicht, wofür der RB-Spieler auch die Rote Karte sieht, trotz blutender Wunde an der Lippe sofort signalisiert, dass er weiterspielen will. Kramer wird behandelt, Pflaster drauf, weiter. Solch ein Herzblut wollen nicht nur die Fans sehen. Die Borussen demonstrieren endlich auch mal Krieger-Mentalität, darüber kommt schließlich der spielerische Moment zurück. Kramer hat großen Anteil an dieser Entwicklung.
Der Aufreger des Spiels: Lothar Matthäus würde wohl sagen: „Wäre, wäre, Fahrradkette.“ Gemeint ist die Szene, als Schiedsrichter Marco Fritz Borussia in der entscheidenden Phase der Partie einen klaren Strafstoß und so den womöglichen Siegtreffer verweigert. Das ist geschehen. Nach dem 2:2-Ausgleich durch Lars Stindl übernimmt Borussia komplett das Heft des Handelns im RB-Stadion. Leipzig taumelt, Stindl setzt einem Ball nach, es kommt zum Zweikampf mit Upamecano, der viel zu ungestüm, ja fast schon dämlich, im eigenen Strafraum Ball und vor allem Gegenspieler abräumt. Eine klare Angelegenheit — denkste! Sowohl Schiedsrichter als auch Video-Schiri bewerten die Szene falsch. Ebenso Sky-Schiedsrichter-Experte Markus Merk, der bei kritischer Nachfrage seiner eigenen Sky-Kollegen dann aber zumindest eingesteht, dass es „Kann-Entscheidung“ gewesen sei. Will sagen: Leipzig hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn es zum Elfmeterpfiff gekommen wäre. Alle anderen Beobachter der Partie, inklusive der Trainer, waren sich aber letztendlich einig. Das ist ein klarer Elfer gewesen. Borussia hätte also sogar am Ende noch gewinnen können.
Chronik des Spiels: Gladbach startet mit Schmackes. Hofmann wird freikombiniert, doch der haut den Ball statt ins Tor über die Latte. Ein Platzfehler ist schuld, wie die Zeitlupe im TV später teigt. Das hätte eigentlich die Fohlen-Führung sein müssen. Rächt sich prompt. Leipzig zieht nun auf. ICE-Angriff, Bernardo ist frei am Flügel, passt scharf auf Werner, der hält den Fuß nur rein, reicht, drin, 1:0 Leipzig. Und Borussia? Antwortet. Wieder Hofmann, der wird von Bernardo umgeschubst im Sechzehner, Strafstoß. Hazard schnappt sich den Ball, drin - 1:1. Aber: Borussia verteidigt erneut schwach. Toller Keita-Pass, überragende Ballannahme samt Drehung von Augustin, Schuss, 2:1, Leipzig wieder vorn. Borussia reagiert wuchtig, aber Raffael schießt den Ball Sekunden vor der Pause am leeren Tor vorbei. Halbzeit.
Und es geht gleich im Sauseschritt weiter. Forsberg kann das 3:1 für Leipzig machen, aber der gerade eingewechselte Herrmann rettet stark. Im Anschluss übernimmt Borussia die Partie, setzt Leipzig unter Druck, erspielt sich Chancen. Dann der Auftritt von Nationalspieler Stindl. Der Fohlen-Kapitän wird von Zakaria in Szene gesetzt, blitzschnelle Aktion, Schuss — und die Kugel fliegt aus 18 Metern wunderschön ins lange Eck. 2:2. Kurz darauf zieht Raffael auf — vorbei. Upamecano foult ungestüm Stindl im Strafraum — kein Elfer. Kurz darauf tritt Keita Weltmeister Kramer eine blutende Wunde ins Gesicht. Rote Karte für den Leipziger. Noch mal Gladbach. Wendt kommt zum Schuss, doch Gulasci hält. Dann ist Schluss. Donnernder Applaus aus beiden Fanlagern - Kompliment an zwei Mannschaften, die allerfeinste Fußball-Unterhaltung geboten hatten.
Dieter Hecking (Trainer Borussia Mönchengladbach): „Was die Mannschaft hier über 90 Minuten gezeigt hat, war eine sehr gute Leistung. Leipzig hat es am Anfang gut gemacht, wobei wir nach zwei Minuten in Führung hätten gehen müssen. Danach haben die Leipziger gezeigt, was sie können. Sie sind nicht umsonst in der vergangenen Saison Zweiter geworden. In der zweiten Halbzeit hat man dann aber gesehen, dass wir auch über eine Menge Qualität verfügen. Wir haben bis zum Ende sehr gut gespielt, aber es ist ein schmaler Grat, wie früh man gegen eine solche Mannschaft aufmacht und sie damit womöglich zu Kontern einlädt. Wir wollten uns unbedingt gut präsentieren und etwas mitnehmen aus Leipzig. Das ist uns gelungen.“
Ralph Hasenhüttl (Trainer RB Leipzig): „Es war ein klasse Spiel. In der ersten Halbzeit waren wir sehr gut, in der zweiten Halbzeit waren wir sehr schlecht. Wir waren allerdings schon im ersten Durchgang in der Defensive nicht so konsequent. Und wenn man so gegen einen solchen Gegner agiert, dann zeigt dieser seine Qualität. Die haben wir zu spüren bekommen. Mir war schon in der Halbzeit klar, dass wir ein drittes Tor brauchen würden, um dieses Spiel zu gewinnen. Die Chance hatten wir nach der Pause, haben sie aber nicht genutzt. Somit haben wir den Sack nicht zugemacht. Am Ende mussten wir noch froh sein, den einen Punkt mitgenommen zu haben, weil der Gegner immer stärker wurde. Wir hatten dann nichts mehr zuzusetzen.“