In der Erfolgsspur Global, umtriebig, Anti-AfD: Eintracht denkt international
Frankfurt/Main (dpa) - Ein besonders international denkender Club ist mit seinem sehr internationalen Team auf dem Weg zurück ins internationale Geschäft. So ungefähr lässt sich der Erfolg von Eintracht Frankfurt in dieser Saison in einem Satz beschreiben.
Im Freitagabendspiel der Fußball-Bundesliga trifft dieser mit 36 Spielern aus 18 Nationen besetzte Kader im eigenen Stadion auf Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr). Wer dieses Spiel gewinnt, rückt zumindest vorerst auf den zweiten Platz vor.
Die Eintracht hat sich aber nicht nur in der Tabelle erfolgreich positioniert. Der gesamte Verein verfolgt seit dem Abschied des langjährigen Vorstandschefs Heribert Bruchhagen eine Strategie, die auf mehreren Ebenen erkennbar ist, aber vor allem einem Leitmotiv folgt: der Internationalisierung.
Auf der ganzen Welt akquirieren die Hessen mittlerweile Geldgeber und Kooperationspartner. Der Hauptsponsor ist ein Unternehmen aus den USA, ein Austausch von Know-how wurde unter anderem mit der Sport-Universität von Peking vereinbart. Als die Fußball-Bundesliga in dieser Woche Eigenwerbung in Abu Dhabi betrieb, da schickte sie dorthin: den Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus, den Bundesliga-Rekordspieler Karl-Heinz Körbel und den Eintracht-Vorstand Axel Hellmann. Die Frankfurter haben in den Vereinigten Arabischen Emiraten schon fünfmal ein Wintertrainingslager absolviert und wollen dort jetzt auch eine Fußball-Akademie bauen.
„Wer bei den internationalen Beziehungen den längsten Atem hat, der wird auf Sicht auch das meiste Geld verdienen“, sagt Hellmann. In Frankfurt wissen sie genau: Anders als beim FC Bayern laufen ihnen die Sponsoren nicht von alleine hinterher. Anders als regelmäßige Champions-League-Teilnehmer muss sich die Eintracht das Geld für den Aufbau eines Spitzenteams erst verdienen. Den heimischen Markt hat der Verein durch sein fast immer volles Stadion und die gestiegenen TV-Einnahmen nahezu abgegrast. Bleibt der Blick in die Welt.
„Es ist so: Geld schießt inzwischen Tore. Und wir hinken in dieser Hinsicht immer noch hinterher“, sagte auch Trainer Niko Kovac am Donnerstag vor dem Gladbach-Spiel. „Wir müssen gut scouten, wir müssen gut trainieren, wir müssen Spieler weiter gut entwickeln, um in diesem Konzert der Großen mitspielen zu können.“
Einen Top-Spieler aus Deutschland kann sich die Eintracht noch nicht leisten. Einen jungen Spieler aus Frankreich (Sebastien Haller) oder Kroatien (Ante Rebic) oder Serbien (Mijat Gacinovic) dagegen schon. „Unser Ziel ist, in kleinen Schritten weiter draufzupacken, um in Zukunft vielleicht mal in die Sphären der Vereine vorstoßen zu können, die in der Tabelle noch vor uns stehen“, sagte Kovac. Die Internationalisierung ist das Mittel zu genau diesem Zweck.
Ein Verein aus Frankfurt dafür besonders prädestiniert. Rund 190 000 Menschen aus 170 Nationen leben in dieser Stadt mit einem ausländischen Pass. 92 Länder unterhalten in Frankfurt ein Konsulat. „Internationale Spieler passen in diese internationale Stadt“, sagt Fredi Bobic, der Sportvorstand des Clubs.
Es ist deshalb kein Zufall, dass sich die Eintracht in dieser Zeit auch politisch klar positioniert. Ihr prominentester Spieler Kevin-Prince Boateng engagiert sich seit Jahren gegen Rassismus. Präsident Peter Fischer bezieht klar Stellung gegen die AFD. Er wolle keine Anhänger und Mitglieder der Partei in seinem Verein sehen, sagte er bereits Anfang des Jahres. Bei der Mitgliederversammlung der Eintracht wird diese Diskussion am Sonntag weitergehen.
Auf der einen Seite ist die Frage, warum ein Verein so gegen eine immerhin demokratisch gewählte Partei vorgeht und sich zeitgleich in Ländern engagiert, in denen Wahlen nur auf dem Papier etwas bedeuten. Auf der anderen Seite ist die Eintracht der erste Bundesliga-Club überhaupt, der sich so deutlich gegen die AfD stellt. Denn nimmt man das Gesellschaftsideal dieser Partei zum Maßstab, dürfte es am Freitagabend kaum ein Bundesliga-Spiel zwischen dem Tabellensiebten und dem Fünften geben, sondern bestenfalls ein Spiel von fünf Spielern gegen sieben. Ohne Haller, ohne Boateng, ohne Raffael.