Granit Xhaka: Der Mann mit dem „Tiger-Auge“

Mönchengladbach. Um die Mitte eines Hurricans herum wird mächtig viel durcheinander gewirbelt, in seinem Zentrum ist es jedoch fast völlig ruhig. Ganz ähnlich stellt sich auch die Situation bei Borussia Mönchengladbach dar.

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Während Trainer Lucien Favre in der Viererkette und besonders auf den Offensivpositionen wegen der Vielzahl an Spielen munter rotieren lässt, herrscht auf der „Doppel-Sechs“ in dieser Hinsicht bislang so gut wie keine Bewegung. Hier verrichten Weltmeister Christoph Kramer und Granit Xhaka seit Saisonbeginn fast Vollzeit-Arbeit.

„Sie sind eine Korsettstange. Die wollen wir nicht auseinander reißen und damit riskieren, instabil zu werden“, sagt Sportdirektor Max Eberl.

Besonders Granit Xhaka agiert in der Schaltzentrale bisher mit der Wachsamkeit eines Tigerauges. Ruhig und umsichtig antizipiert der Schweizer Spielsituationen. Er besticht durch eine verbesserte Zweikampfführung und ahnt, wo er auf dem Feld Räume schließen muss sowie bei Ballgewinn im Umschaltspiel öffnen kann. Xhaka scheint sich in seinem dritten Jahr bei der Borussia endgültig etabliert zu haben. „Ich spüre in mir wesentlich mehr Selbstvertrauen. Im Moment passt jedenfalls alles und man kann schon sagen, dass ich jetzt in Mönchengladbach so richtig angekommen bin“, sagt Der Schweizer Nationalspieler.

Es war eine Ankunft mit Verspätung. Als Xhaka 2012 mit viel Vorschusslorbeer vom FC Basel an den linken Niederrhein kam, da wollte er zu schnell zu viel. Der damals 19-Jährige versuchte verkrampft, die Ablösesumme von neun Millionen Euro zu rechtfertigen und hielt sich in seiner Übermotivation nicht an die taktischen Vorgaben des Trainers. Mit der Folge, dass ihn Lucien Favre dauerhaft auf die Ersatzbank „rotierte“. Auch weil dem Übungsleiter missfiel, dass Xhaka seinen Anspruch auf eine Führungsposition im Team durch die Medien allzu offen kundtun ließ. „Ich habe hier zu Beginn einige Fehler gemacht. Doch ich habe aus ihnen meine Lehren gezogen. Ich rede nun lieber weniger und lasse dafür auf dem Rasen meine Leistung sprechen“, sagt der Stratege.

So wie unter anderem mit seinem herrlichen Tor beim FC Villarreal. „Das war bislang mein schönster Treffer“, sagt er zu seinem Freistoßhammer, der im Estadio „El Madrigal“ für den Endstand von 2:2 sorgte und die Weichen auf Europa-League-Gruppensieg stellte. Dieser Ausgleich war das i-Tüpfelchen auf eine konstant starke Hinrunde des in Basel geborenen Sohnes kosovarischer Eltern. Mit der Perfektion eines Schweizer Uhrwerks verrichtete der 22-Jährige seinen Dienst und ließ die Gegner im wahrsten Sinne des Wortes auf Granit beißen. „Er ist ein guter Junge, der eine fantastische Entwickung genommen hat“, erläutert Manager Max Eberl und Trainer Lucien Favre ergänzte: „Zudem hat Granit durch seine Teilnahme an der WM auch noch jede Menge Erfahrungen gesammelt.“ Klar, dass die Borussia den Nationalspieler der Eidgenossen zu einer vorzeitigen Verlängerung seines noch bis 2017 laufenden Vertrages bewegen möchte.

„Wir arbeiten daran“, so Eberl. Und scheint bei Xhaka durchaus auf offene Ohren zu stoßen. „Ich habe hier Freunde gefunden und fühle mich wohl. Eine Zukunft in Gladbach kann ich mir absolut vorstellen. Bei meinem Wechsel habe ich damals gesagt, dass ich international spielen möchte und das machen wir ja.“ Demnächst gegen den FC Sevilla um den Einzug ins Achtelfinale der Europa League. Dass Xhaka gegen den Titelverteidiger aus Andalusien dem Favreschen Rotationsprinzip zum Opfer fällt, ist so wahrscheinlich wie ein Konkurs von RB Leipzig. „Er darf uns nur nicht anflunkern, wenn er mal müde ist, denn das wäre glatter Selbstmord“, meint Max Eberl. Schließlich muss auch das Auge eines Tigers hin und wieder mal ruhen, bevor es seine Beute neu fixieren kann.