Neue Ausstellung Mönchengladbacher Tore für die Ewigkeit
MÖNCHENGLADBACH · Im Vereinsmuseum von Borussia Mönchengladbach ist ab sofort eine neue Sonderausstellung zu sehen. Diese hat die elf wichtigsten Tore der Fohlenelf als Thema.
Am 11. August wird Herbert Laumen 80 Jahre alt. Er gehört zur ersten Generation der Fohlen-Elf. Zweimal wurde Laumen Deutscher Meister mit Borussia Mönchengladbach. Mit 141 Pflichtspieltoren liegt der ehemalige Stürmer hinter der unangefochtenen Nummer eins, Jupp Heynckes (299 Treffer), auf Rang zwei der ewigen Torjägerliste der niederrheinischen Borussia. Höchste mediale Aufmerksamkeit erlangte Laumen aber nicht durch seine 141 Treffer, sondern durch den Torpfostenbruch vom Bökelberg am 3. April 1971 in der abgebrochenen Partie gegen Werder Bremen, als nicht der Ball, sondern Laumen selbst im Netz zappelte: „Der Tag ist in meinem Gedächtnis eingraviert“ – und er ist ein (Fußball-)Moment für die Ewigkeit.
Von „Toren für die Ewigkeit“ handelt seit dem Wochenende die neue Sonder-Ausstellung in der Erlebnis-Welt des Borussia-Parks. Es ist die sechste ihrer Art. Begonnen hatte die Reihe mit „Weisweilers Meisterstück“ kurz nach der Eröffnung des Borussia-Museums vor gut vier Jahren. Fast neun Monate dauerte die Vorarbeit der Macher, angeführt von Museumsleiter Matthias Rech und Verwaltungsdirektor Michael Plum, ehe das Werk vollendet war. Punktgenau zum 50. Jahrestag des Pokalsiegs der Gladbacher gegen Köln (23. Juni 1973), der durch die Selbsteinwechslung Günter Netzers in der Verlängerung und dessen entscheidendem Treffer zum 2:1 kurz darauf eine besondere Bedeutung erreichte. Es war die historische Pointe einer denkwürdigen Partie im Glutofen Rheinstadion Düsseldorf. „Es gibt Tore, die sind eben nicht nur Tore. Sie bedeuten mehr“, sagt Herbert Laumen, heute Mitglied im Ehrenrat des fünffachen Deutschen Meisters, im Vorwort des Borussia-Magazins zur Ausstellung, „ihre Geschichten werden über Generationen weitererzählt.“
Dass bei der Auswahl der „Elf Tore für die Ewigkeit“ die Goalgetter von Borussia Mönchengladbach schlechthin, Jupp Heynckes und Herbert Laumen, leer ausgegangen sind, ruft beim Letzteren eher ein Schmunzeln hervor. „Nur elf besondere Tore aus 3182 Bundesliga-Treffern und weiteren mehreren Hundert in Pokalwettbewerben ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.“ Der bald 80-jährige Wegberger hat sich ungeachtet der Auswahl der „Jury“ sein eigenes legendäres Törchen und die Geschichte drumherum herausgepickt, sein persönliches Tor für die Ewigkeit. Es war das 1:0 auf dem Weg zur ersten deutschen Meisterschaft der Gladbacher am 33. Spieltag der Saison 1969/1970 gegen den Hamburger SV. Der Türöffner. „Das werde ich immer vor Augen haben, als wäre es gestern gewesen. Wir haben 4:3 gewonnen, es war die erste Meisterschaft, das Glockengeläut der nahe gelegenen Elisabeth-Kirche begleitete uns auf dem Weg in die Kabine.“ Dass die Handschrift von Meistertrainer Hennes Weisweiler und dessen Hang zum leidenschaftlichen Offensivspektakel bis heute Spuren hinterlassen hat, steht außer Frage.
An den elf Toren und ihren Geschichten, die es zu guter Letzt „in die Annalen“ geschafft haben, – rund 60 waren im weiteren Kreis – gibt es nichts zu deuteln. Dass eine ganze Reihe von Treffern, erzielt von 301 Spielern, aus dem Raster rausfiel, ließ sich nicht vermeiden, wie Museums-Leiter Matthias Rech erläutert: „Es wurde in unserem Arbeitskreis lebhaft diskutiert, und ich muss sagen, dass es nicht alle meine persönlichen Favoriten in die Top-Elf geschafft haben. Zudem hat mich in der Tat verblüfft, ja sogar erschrocken, dass Borussias Gottvater des Toreschießens, Jupp Heynckes, nicht dabei ist.“ Man habe sich unisono daraufhin verständigt, dass eine Ausstellung über Borussias großartigste Tore ganz ohne Jupp Heynckes undenkbar ist. Rech: „Deshalb würdigen wir ihn im Rahmen der Ausstellung als Borussias Rekordtorjäger.“ Für Laumen eine Selbstverständlichkeit: „Er war nun einmal der beste Torjäger aller Zeiten.“
In alphabetischer Reihenfolge
die „Top-Elf“
Albert Brülls, 5. Oktober 1960: Siegtorschütze beim 3:2-Pokaltriumph gegen den Karlsruher SC im Düsseldorfer Rheinstadion. Erster nationaler Titel für das Team mit den schwarzen Leibchen und seinem überragenden Spielmacher und Nationalspieler.
Igor de Camargo, 19. Mai 2011: 1:0-Erfolg der Gladbacher im Relegations-Hinspiel gegen den VfL Bochum durch einen Kunstschuss des Belgiers in buchstäblich letzter Minute. Nach dem 1:1 im Retourspiel ist der Liga-Erhalt geschafft.
Roberto Colautti, 10. Mai 2009: Das Siegtor des Israelis gegen Schalke 04 ist in der Saison 2008/2009 (31. Spieltag) der Befreiungsschlag im Abstiegskampf der Borussia, der bis zum Happy-End an Dramatik nicht zu überbieten war. Es ist Colauttis einziger Treffer in jener Spielzeit, und was für ein wichtiger.
Hans-Jörg Criens, 1. Mai 1984: Ein knisterndes Pokal-Halbfinale endet furios: Der eingewechselte Hans-Jörg Criens trifft nach dem Ausgleich zum 4:4 (90. +5) in der 107. Minute zum 5:4-Sieg gegen Werder Bremen. Eine Sternstunde des „Jokers“, der 2019 mit 59 Jahren verstirbt.
Stefan Effenberg, 14. Oktober 1995: Die Galionsfigur der 90er-Jahre im Team der Borussia leitet mit seinem Führungstor im Olympiastadion den ersten Sieg bei den Bayern seit dem gemeinsamen Aufstieg 1965 ein. Endstand 1:2. Der Bann ist gebrochen. Vier weitere Dreier lassen aufhorchen.
Thorgan Hazard, 28. September 2016: Gänsehautmomente im Borussia-Park. Gladbach spielt in der Champions-League gegen den FC Barcelona, und Thorgan Hazard sorgt mit seinem Tor zum 1:0 für euphorische Stimmung. Ein denkwürdiger Abend, auch wenn es am Ende 1:1 ausgeht.
Arie van Lent, 22. Mai 2004: Das letzte Spiel auf dem Bökelberg und das letzte Tor. Es ist Arie van Lent vorbehalten, dem freundlichen Niederländer. Ein Kopfballtor, wie so oft, ist der Schlusspunkt. Gladbach siegt 3:0 gegen 1860 München.
Lothar Matthäus, 30. September 1981: Dank eines Freistoßtores in der 84. Minute zum 2:0-Erfolg (Hinspiel 1:3) durch den 20-Jährigen hat die Fohlen-Elf das innerdeutsche Europapokalspiel gegen den 1. FC Magdeburg für sich entschieden und Runde zwei im UEFA-Pokal erreicht.
Egon Milder, 5. Juni 1965: Die Nachspielzeit läuft, eine letzte Chance noch. Netzers Freistoß vollendet Egon Milder im Aufstiegsrundenspiel gegen Holstein Kiel per Kopf zum 1:0. Drei Wochen später ist der Bundesliga-Aufstieg geschafft. Milder verstirbt 33-jährig an einem Gehirntumor.
Günter Netzer, 23. Juni 1973: Der „King vom Bökelberg“ hat mit seinem legendären Siegtreffer im Pokalfinale gegen Köln Geschichte geschrieben. Nach zehn Jahren Gladbach wechselt der technisch brillante Ballzauberer zu Real Madrid.
Jürgen Wittkamp, 20. April 1977: Erneut ist das Düsseldorfer Rheinstadion Schauplatz. Europapokal der Landesmeister, Halbfinale, Rückspiel. Nach einem 0:1 bei Dynamo Kiew steht der Einzug ins Endspiel von Rom auf des Messers Schneide. Wittkamp beendet das Zittern mit dem 2:0.