Schlüsselspieler Julian Weigl bei Borussia Mönchengladbach: „Das ist für mich kein Kurzzeit-Projekt“
MÖNCHENGLADBACH · Julian Weigl bleibt bei Mönchengladbach und soll ein Schlüsselspieler sein. Die Verbindung zur Borussia war schnell eng, der Mittelfeldspieler sieht viel Potenzial.
Mit dem 2:0 über den VfL Bochum war der Fußball-Tag für Julian Weigl am Samstag noch nicht beendet. Der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach hatte um 21.30 Uhr noch einen Termin vor dem Fernseher, um die Partie seines Ex-Vereins Benfica Lissabon gegen Sporting Braga live zu verfolgen. „Das wird auf jeden Fall geguckt, das werde ich mir zu Hause anschauen. Ich habe bei Benfica viele tolle Menschen kennengelernt. Trainer Roger Schmidt habe ich eine Nachricht geschrieben, dass ich die Daumen drücke. Ich hoffe, sie gewinnen“, sagte Weigl in den Katakomben des Borussia-Parks.
Kurz vor Mitternacht durfte sich Weigl freuen. Mit dem 1:0 gegen den Tabellen-Dritten schüttelte Benfica einen Verfolger ab, behielt seinen Vorsprung von vier Punkten auf den FC Porto und wahrte drei Runden vor Ende der Saison die Chance auf die erste Meisterschaft seit 2019. Seit Januar 2020 hatte Weigl für die „Aguias“ (Adler) 77 Spiele bestritten und war von den Fans für die Saison 2020/21 sogar zum Spieler des Jahres gewählt worden. Mit dem Trainerwechsel von Nelson Verissimo hin zu Roger Schmidt und dessen präferiertem Pressing-System allerdings sanken die Einsatzchancen von Weigl, sodass sich dieser am 1. September 2022 an die Borussia ausleihen ließ.
Ausstiegsklausel bei Benfica von 100 Millionen Euro
Seit Freitag vergangener Woche ist das Kapitel am Tejo für Julian Weigl endgültig vorzeitig beendet. Der eigentlich noch bis 2024 gebundene defensive Mittelfeldakteur ist für 7,18 Millionen Euro Ablöse fix zu den „Fohlen“ gewechselt. Dass in seinem Vertrag bei Benfica eine Ausstiegsklausel von 100 Millionen Euro festgeschrieben war, zeigt einerseits die Wertschätzung der Weigl‘schen Qualitäten, sein gesunkener Marktwert, andererseits aber auch die Abhängigkeit von unterschiedlichen Trainer-Philosophien. „Es war eine aufregende Woche. Ich bin sehr glücklich, dass der Transfer so zustande gekommen ist und für mich nun Klarheit herrscht. Als Leihspieler ist die Situation auch privat nicht immer leicht“, erklärte Weigl nach dem Spiel gegen Bochum.
Die Verbindung zu Borussia Mönchengladbach war schnell eng, für den anders als Schmidt ein an Ballbesitz orientiertes System präferierenden Trainer Daniel Farke ist Weigl ein absoluter Wunschspieler und Königstransfer. „Ich habe dann ja auch relativ früh kundgetan, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, meinen Weg hier weitergehen zu wollen“, sagt Weigl. Der 27-Jährige soll als sicherer Passgeber sowie Taktgeber zentral vor der Abwehr zu einem Schlüsselspieler werden und dieser beweist mit seiner Unterschrift bis 2028, dass er das Konzept des Vereins langfristig mittragen möchte. „Das ist für mich kein Kurzzeit-Projekt. In der Borussia steckt viel Potenzial und ich will dazu beitragen, dass hier wieder erfolgreicher Fußball gespielt und sich stetig weiterentwickelt wird. Wir müssen den Verein wieder da hinbringen, wo er hingehört.“
Wie dies konkret gelingen soll, hat Weigl in einem langen Gespräch mit Sportdirektor Roland Virkus ausgelotet. „Wir haben über mögliche Ansätze gesprochen und welche Charaktere wir dafür brauchen. Dabei ging es weniger um Namen als um Positionen, auf denen etwas gemacht werden muss“, erklärt Weigl. Seine Meinung ist wichtig, schon in jungen Profi-Jahren beim TSV 1860 München oder der deutschen U21-Nationalmannschaft bestach der gebürtige Oberbayer aus Bad Aibling mit klarem Kopf und Intelligenz. Charaktereigenschaften, die ihn nach dem Abgang von Lars Stindl auch zu einem Kandidaten für die Kapitänsbinde machen? „Mein Ziel ist, auf und neben dem Feld in eine Führungsrolle hineinzuwachsen. Die Hierarchie wird sich durch die Abgänge verändern. Insbesondere die Lücke, die Lars hinterlässt, muss aufgefangen werden. Wir müssen einen neuen Geist in den Kader bringen und da will ich mit vorangehen. Die Kapitänsbinde ist mir dazu nicht wichtig“, redet Weigl Klartext.
Wichtiger sei ihm da schon die Strahlkraft seiner Unterschrift unter einen Fünf-Jahres-Vertrag. „Ich hoffe schon, dass ich damit ein Zeichen für andere setzen konnte. Dass Spieler, die noch überlegen zu bleiben, sehen, dass hier wieder etwas entstehen soll und dass sie, wenn sie darauf Bock haben, dies auch zeigen. Ich wünsche mir durchaus, dass meine Unterschrift für andere ein Ansporn zum Nachziehen ist“, sagt Weigl.
Mit Zusammenhalt und Mentalität zum Erfolg
Wie weit Weigl im Mönchengladbacher Kader schon Gehör gefunden hat, dafür könnte bereits das nächste Spiel bei Borussia Dortmund als Gradmesser dienen. Am 15. März 2014 gelang dort der bislang letzte Auswärtssieg, seither gab es neun teils deftige Niederlagen in Folge. Beim 1:6 am 23. September 2017 erzielte Weigl im Trikot des BVB seinen allerersten Bundesliga-Treffer. Insgesamt bestritt er für die Schwarz-Gelben 173 Partien, am Samstag (18.30 Uhr) läuft er nun erstmals als Gegner ins Westfalenstadion ein. „Das wird eine Riesenaufgabe. Die Luft wird brennen, für den BVB geht es um alles. Wir müssen viel Laufarbeit investieren sowie Zusammenhalt und Mentalität beweisen, was wir in den vergangenen Wochen leider nicht immer getan haben. Wenn wir das wieder nicht hinbekommen, dann haben wir keine Chance. Sonst ist auch für uns alles drin, das haben wir beim 4:2 in der Hinrunde gezeigt“, meint Weigl und fügt hinzu: „Auch Negativserien sind da, um gebrochen zu werden.“