Borussia Mönchengladbach Kein Spiel wie jedes andere - Mein erstes Rheinderby
Mönchengladbach. Dortmund gegen Schalke, Hamburg gegen Bremen, Mönchengladbach gegen Köln. Es sind diese Derbys, die man selbst als neutraler Fußballfan von seiner „Habe-ich-erlebt“-Liste streichen möchte.
Ist man kein Inhaber einer Dauerkarte bei einem der genannten Vereine, ist es quasi unmöglich, an Karten zu kommen. Die begehrten Tickets gehen meist vollständig an Vereinsmitglieder und nicht in den freien Verkauf. Beim 104. Rheinderby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln hatte ich Glück: Als einer von 54 018 Zuschauern konnte ich das traditionsreiche Aufeinandertreffen von der Tribüne aus verfolgen.
Ins Auge stachen etwa 1000 Polizisten rund um den Borussia-Park. Immer wieder war es in der Vergangenheit zu teils schweren Auseinandersetzung zwischen den Fangruppen gekommen. Um das zu verhindern, waren die Beamten an strategisch wichtigen Punkten, etwa an zentralen Wegen vom Parkplatz zum Stadion oder direkt an der Arena, positioniert. Sie hielten sich im Hintergrund und fast bekam man das Eindruck, ihre Anwesenheit wäre gar nicht nötig gewesen. Viele Anhänger der Rivalen reisten gemeinsam mit dem Auto an oder freuten sich miteinander bei einer Bratwurst oder einem Getränk auf das Spiel. Die Atmosphäre war gespannt, ob des bevorstehenden Spiels. Von übermäßiger Feindseligkeit war nicht viel zu spüren.
So sollte es sein, haben die Anhänger ihrer Mannschaften in den letzten Jahrzehnten doch ähnliche Zeiten durchlebt. Den großen Erfolgen der 1960er und 70er Jahre folgten Jahre der Depression. Niederlage, Fahrstuhlteams, Abstiege. 2010/2011 stand der 1. FC zum letzten mal in der Abschlusstabelle vor dem Rivalen aus Mönchengladbach. Damals rettete sich die Borussia in der Relegation und hielt die Klasse, während der FC auf Platz 10 abschloss. Im Jahr darauf sorgten die Gladbacher mit Platz vier für Furore — Köln stieg als Vorletzter ab. Seitdem behielt die Borussia mit regelmäßigen Teilnahmen am Europacup sportlich die Oberhand — bis zur letzten Saison. Während sich die Fohlen mit Platz neun begnügen mussten, feierten die fünftplatzierten Kölner den ersten Einzug ins internationale Geschäft seit 25 Jahren.
Dass man diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen konnte, spürte man schon bei der Gladbacher Vereinshymne. Noch ein bisschen lauter als sonst ertönte die „Elf vom Niederrhein“ aus den zehntausenden Kehlen, die es mit Gladbach hielten.
Die sportliche Rivalität machte sich nicht nur auf dem Platz bemerkbar. Auf den Rängen bedachten sich die beiden Fanlager mit Schmähgesängen und feuerten die Spieler auf dem Rasen lautstark an. Bis auf eine Ausnahme: In der ersten Halbzeit war man sich mit einem gegen den DFB gerichteten Wechselgesang kurzzeitig einig. Auch die Gladbacher Zaunfahne zu Beginn des Spiels deckte sich inhaltlich mit den Transparenten im Kölner Block, die den Fußballbund für die anhaltende Kommerzialisierung sowie die Sportgerichtsbarkeit kritisierten.
Sportlich wussten die beiden Mannschaften zu gefallen. In einer temporeichen Partie hatte die Fohlenelf mehr vom Spiel und ging verdient in Führung. Dem Führungstreffer vorausgegangen war eine Druckphase, die die Stimmung im Borussia-Park zum Kochen brachte. Dass der Sieg unterm Strich nicht höher ausgefallen ist, hatten die Gladbacher der schludrigen Ausgestaltung ihrer Angriffe zu verdanken. Das störte am Ende aber auch niemanden mehr so wirklich.
Fast hätte ein alter Bekannter die Gladbacher endgültig in den siebten Himmel geschossen. Kurz nach seiner Einwechslungen wenige Minuten vor Spielende hätte Raul Bobadilla sein Comeback im schwarz-weißen Jersey gekrönt. Der wie ein verlorener Sohn gefeierte Argentinier vergab jedoch freistehend vor FC-Keeper Timo Horn.
Wenig später war der Gladbacher Anhang jedoch erlöst. „Derbysieger, Derbysieger“ hallte es durch das weite Rund. Bis auf kleinere Vorfälle Kölner Fans in einem Zug blieb es auch nach Spielende friedlich. Einige FC-Anhänger mussten sich gewiss von ihren Gladbacher Freunden auf der Rückfahrt einiges anhören, doch auch das gehört zu einem echten Derby dazu. Chance für Revanche gibt es schon Mitte Januar, wenn die beiden Teams im Rückspiel aufeinander treffen — zum 105. Mal.
Auch dann werde ich mich wieder bemühen, ins Stadion zu kommen. Die Rivalität und lange gemeinsame Tradition der Clubs schwingt bei dieser Partie zu jeder Sekunde mit. Das Rheinderby ist kein normales Spiel.