Lucien Favre, der Liebling der Fans
Die Anhänger der Gladbacher feiern den Schweizer bereits als Retter. Die Relegation ist zum Greifen nah.
Mönchengladbach. Vereinzelte Bravo-Rufe, dann brandet plötzlich tosender Applaus vor dem Mannschaftsbereich im Borussia-Park auf. Die VfL-Treuen feiern Lucien Favre, klopfen ihm anerkennend auf die Schulter. Die Sympathie-Welle trifft Borussias Cheftrainer sichtlich unerwartet, es folgt ein verlegenes Lächeln, schließlich schreibt der Schweizer fleißig Autogramme.
Am Tag nach dem überlebenswichtigen 2:0-Heimtriumph gegen den SC Freiburg sind einige Gladbacher Anhänger immer noch im Jubelrausch, danken Favre, dass er die Fohlen vor dem Saisonfinale beim Hamburger SV auf Relegationsplatz 16 geführt hat. Das Wunder Klassenerhalt ist für die Elf vom Niederrhein zum Greifen nahe.
Typisch Favre, dass er trotz des dritten Zu-Null-Sieges in Folge umringt von Fans nüchtern festhält: „Es gibt überhaupt keinen Grund euphorisch zu sein. Wir kennen die Situation. Wir müssen in Hamburg drei Punkte erreichen. Es wird sehr schwer. Wir haben in dieser Woche noch sehr viel zu tun im Training.“ Bei einem Unentschieden könnte Frankfurt (spielen in Dortmund) vorbeiziehen. Wenn alles optimal läuft, kann sogar Wolfsburg (spielen in Hoffenheim) überholt werden.
Dass die Anhänger kurz davor sind, Favre ein Denkmal zu bauen, ist nicht ganz unbegründet. Als der 53-Jährige Mitte Februar zur Borussia kam, war der fünfmalige deutsche Meister abgeschlagenes Bundesliga-Schlusslicht, galt als Schießbude und sicherer Absteiger. Seit Favre das Zepter schwingt, holten die Fohlen 19 Punkte in elf Spielen (sechs Siege, ein Remis, vier Niederlagen), kassierten nur acht Gegentore.
Unter Favre ist der Borussia-Park wieder eine Festung und Borussia pünktlich zum Showdown beim HSV zurück im Geschäft. „Der Trainer lässt uns nach einem Spiel wie Freiburg kurz fliegen, holt uns dann aber sofort wieder auf den Boden der Tatsachen zurück“, sagt Havard Nordtveit. Der junge Norweger ist einer der Profis, die im System Favre immer besser zur Geltung kommen. Und wirkt genau wie sein Coach hochkonzentriert: „Wir müssen uns zunächst einmal von Samstag erholen, entspannen und Kraft tanken. Am Dienstag fängt die Trainingswoche an und wir gehen mit Vollgas an die Aufgabe Hamburg heran. Wenn uns dort ein Sieg gelingt, dann haben wir eine fantastische Rückrunde hinter uns.“
Die Erfolgsgaranten Mike Hanke (feierte gegen Freiburg seine Torpremiere, legte das 2:0 auf) und Marco Reus (10. Saisontreffer) richten ebenfalls schon den Blick auf die Hürde HSV. „Wir müssen die drei Punkte holen, dann kann uns egal sein, wie Frankfurt spielt. Gelingt uns das, schaffen wir vielleicht sogar noch das Wunder und ziehen an Wolfsburg vorbei“, so Reus.
Mike Hanke, am Samstag noch gefeierter Held, wollte am Sonntag „einfach nur“ seine „Ruhe“. Die Anspannung vor dem Saisonfinale ist schon da.