Borussia Mönchengladbach Mit den richtigen Schlüssen — und Dahoud
Borussia Mönchengladbach besiegt Ingolstadt mit einer veränderten Spielweise — und freut sich jetzt auf das Duell mit dem FC Barcelona.
Mönchengladbach. Wenn die Kunst, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, Qualität verrät, dann hat André Schubert am Samstagnachmittag einen Beweis der gleichen geliefert — und mithin seine Mannschaft. Zwei Mal war Borussia Mönchengladbach in der vergangenen Saison dem Spielstil des FC Ingolstadt auf den Leim gegangen, hatte im Süden seinerzeit mit 0:1 verloren und war im Borussia-Park über ein zähes 0:0 nicht hinausgekommen. Weil es schwierig ist, sich gegen die hoch stehenden und mit aggressivem Mittelfeldpressing agierenden „Schanzern“ mit spielerischen Mitteln den Weg zu bahnen. Da wird es oft eng, Ingolstadt ist seit seiner Zeit mit dem nach Leipzig gewechselten Trainer Ralph Hasenhüttl extrem gut organisiert. Und wenn es stets eng wird und man immer öfter nicht durchkommt, wird man irgendwann etwas ungeduldig — bis man an schlechten Tagen verzweifelt.
Im Vorfeld des Gladbacher 2:0-Heimsieges am Samstag gegen Ingolstadt hatte Schubert offenbar die richtigen Schlüsse gezogen und seiner Mannschaft einen anderen Spielstil verordnet: „Die Mannschaft hat einen Reifeprozess gezeigt“, sagte der Trainer nach dem Spiel. „Die Jungs waren sich heute auch nicht zu schade, mal einen langen Ball zu spielen.“ Wohlgemerkt: Nicht blind — und immer mit der Fähigkeit „bei den zweiten Bällen“ mit entsprechender Zweikampfstärke voran zu kommen — bis in die gefährliche Zone.
So wurde es gegen Ingolstadt, das gewohnt unangenehm zu bespielen war, aber in der Offensive an Effizienz verloren hat gegenüber dem Vorjahr, ein etwas anderes Spiel: Eines mit Geduld geführt, eines mit entscheidenden, präzisen Momenten. Und eben eines, in dem womöglich eine Spitzenmannschaft gegen einen Abstiegskandidaten effizient und intelligent gehandelt hat — ohne die 50112 Zuschauer freilich zu entzücken. Immer in dem Bewusstsein, am Mittwoch noch den Schlager in der Königsklasse gegen den FC Barcelona spielen zu müssen. „Das ist nicht nur für den Verein ein herausragendes Spiel, sondern auch in meiner Karriere“, sagte Lars Stindl, als Ingolstadt geschlagen war und sich die Vorfreude auf Barcelona nun auch verbal manifestieren durfte.
Womöglich wird dann gegen die Katalanen auch eine zweite Lehre André Schuberts zum Tragen kommen. Die nämlich, dass es nicht sonderlich ratsam ist, zu lange auf die Künste des jungen Fußballers Mahmoud Dahoud zu verzichten. Noch nach dem Spiel in Leipzig (1:1) hatte Schubert mitgeteilt, Dahoud müsse im Training zulegen. Derzeit sei er nicht soweit. Er sagte eben all das, was ein Trainer sagt, wenn er entweder grundsätzlich überzeugt ist, dass andere in dieser Phase besser helfen können. Oder aber wenn er einem wachsenden Talent rechtzeitig auf die Füße treten möchte.
Was genau Schuberts Gründe waren, den 20-jährigen Deutsch-Syrer so lange zappeln zu lassen, darf er bei sich behalten. Fakt ist: Gegen Ingolstadt stand Dahoud in der ersten Elf, und er machte es sehr gut: Dahoud war nicht durchgängig überragend, aber er schuf überragende Momente, lief viel (laut Statistik 12,64 Kilometer), erkämpfte Bälle und war für jene kreativen Züge zuständig, die der Borussia im Saisonverlauf aus der Zentrale durchaus hin und wieder gefehlt hatten. Vier Mal brachte Dahoud seine Mitspieler in Torabschluss-Positionen, einmal sogar mit unmittelbarer Torbeteiligung: Das 2:0 von Oscar Wendt bereitete Dahoud mit einem akkuraten Pass in die Schnittstelle der Abwehr vor, Wendt schloss platziert ab. uvor waren Julian Korb am Pfosten und Fabian Johnson an Gästetorwart Örjan Nyland gescheitert.
Gesprochen hat Dahoud am Samstag nicht, was kein Zeichen für inneren Ärger über jüngere Nichtberücksichtigungen sein muss. Dahoud pflegt fast immer zu schweigen. Dass auch Schubert über Dahoud nichts sagen wollte, ließ dann doch aufhorchen. Das Thema geht ihm auf die Nerven, das ist ziemlich klar. Jetzt soll Dahoud erstmal konstant liefern, wird sich der Trainer denken. Dann hat Schubert am Ende womöglich noch alles richtig gemacht: Es gehört zu den Aufgaben eines Trainers, überragende Qualitäten freizulegen, anstatt sie dauerhaft zu verstecken.
Max Eberl jedenfalls war angetan: „Mo war der kreative Punkt in diesem Spiel um die Qualität, die wir mehr als andere Mannschaften haben, zum Tragen zu bringen“, sagte Sportdirektor Max Eberl. „Er hat es sehr gut gemacht.“ Und seinem Team verholfen, nun mit zwei Siegen und dem Remis in Leipzig nach den Pleiten in Freiburg und Manchester aus der englischen Woche zu kommen, die geradewegs zum Spiel gegen Barcelona führt.