Rainer Bonhof wird 60: Bei Kaffee und Kuchen fing alles an
Rainer Bonhof wird Donnerstag 60 Jahre alt. Ein Gespräch über Heimat, Hennes Weisweiler und die Borussia.
Mönchengladbach. Rainer Bonhof wird am Donnerstag 60 Jahre alt. Ein Gespräch über Heimat, Hennes Weisweiler und die Borussia.
Herr Bonhof, von allen großen Spielern der Borussia sind Sie derjenige, der am intensivsten den Kontakt zum Klub und der Stadt gepflegt hat. Was hat sie an Gladbach gebunden?
Bonhof: Als ich 1970 kam, war mir klar, dass die rheinische Umgebung, nicht weit weg von meinem Heimatort Emmerich, eine ist, in der ich möglicherweise alt werden kann. Als ich nach Valencia in Köln gespielt habe, habe ich den Wohnsitz gleich wieder nach Gladbach verlegt.
Und sind dann nie mehr weggegangen.
Bonhof: Auch als ich in Schottland oder Kuwait gearbeitet habe, war der Haushalt immer hier. Gladbach ist eine schöne Stadt zum Wohnen, sie ist gut angebunden — und Borussia ist auch noch hier. Ich bin dieser Tage noch an der Niers mit dem Rad langefahren. Das ist ein herrliches Erlebnis.
Sie werden am Donnerstag 60 Jahre alt und blicken auf ein reiches Leben zurück. Welche Personen haben Sie geprägt?
Bonhof: Hennes Weisweiler war sicher ein Glücksfall für mich, ich war nicht einmal 18, als ich zu Borussia wechselte. Von zu Hause in Emmerich weg zu sein, war zunächst nicht einfach. Aber der erste Kontakt mit Borussia war sehr familiär, auf der Geschäftsstelle an der Bismarckstraße über Café Wolschke. Das war für mich ganz wichtig. Vor der Vertragsunterzeichnung gab es noch Kaffee und Kuchen. Und Hennes Weisweiler war immer für mich da. Wie auch meine damalige Herbergsmutter Mathilde Bückmann, die bei Borussia alle nur ,Tante Titti’ nannten.
Sie kamen als talentierter Stürmer, waren dann aber ein defensiver Mittelfeldspieler mit offensiven Qualitäten.
Bonhof: Als ich 1970 kam, war ich schnell, kopfballstark und schussstark, habe aber aus fünf Metern keinen Möbelwagen mit links getroffen. Das hat Weisweiler mit vielen Trainingseinheiten, die richtig hart waren, ausgemerzt.
Sie haben viele Titel gesammelt, waren Weltmeister, Deutscher Meister, Pokalsieger. Was war Ihr größtes Spiel?
Bonhof: Da gab es viele, aber Fußball-Weltmeister geworden zu sein, ist etwas Großartiges. Ich war ja erst 22, als wir 1974 die Niederlande mit 2:1 schlugen. Dass ich das Siegtor für Gerd Müller vorbereitete, wird mich ein Leben lang begleiten.
Borussia Mönchengladbach erlebt eine traumhafte Saison, die in der Champions League enden könnte. Ist das realistisch?
Bonhof: Ich bin kein Träumer. Erst wenn wir wirklich was in Händen haben, können wir über alles reden. Aber ich verschließe mich auch nicht den Tatsachen: Borussia Mönchengladbach hat in den verbleibenden sieben Spielen die Chance, einer fantastischen Saison die Krone aufzusetzen.
Ein verdienter Lohn?
Bonhof: Wer den längeren Atem hat, wird sich durchsetzen. Wichtig ist: Das Team funktioniert, die Mannschaft entwickelt sich, hat Charakter.
Hat Sie diese positive Entwicklung innerhalb nur eines Jahres nicht selbst überrascht? Was ist passiert seit dem Tiefpunkt vor zwölf Monaten, dem 0:1 gegen Kaiserslautern?
Bonhof: Der Abstiegskampf hat die Mannschaft zusammengeschweißt. Trainer Lucien Favre hat sie darauf eingeschworen, und dann an den entscheidenden Stellschrauben gedreht — er hat der Mannschaft eine Grundordnung gegeben, sie defensiv super eingestellt. Favre hat von der ersten Minute an vor allem eines vermittelt: Nie den Glauben an sich selbst zu verlieren. Das war in der Kabine immer zu spüren.
Was zeichnet Favre aus?
Bonhof: Ich glaube, es ist das Akribische im positiven Sinne, was ihn unvergleichlich macht. Favre verbringt unglaublich viel Zeit auf dem Trainingsgelände. Er schaut, er redet, er verbessert, er filtert. Favre achtet auf Nuancen.
Wie lange kann Gladbach diesen Trainer halten?
Bonhof: Es wäre für alle Beteiligten sehr gut, alles so zu belassen.
Marco Reus geht, Roman Neustädter auch. Wahrscheinlich auch Dante. Wie verändert die Perspektive Europapokal Ihre Planungen?
Bonhof: Dass Spieler kommen und gehen, ist in diesem Geschäft normal. Natürlich ist es wichtig, die Mittel, die uns für neue Leute zur Verfügung stehen, richtig einzusetzen.
Wieviele neue Spieler sollen denn kommen?
Bonhof: Wir haben noch nichts in der Hand. Aber wir scouten ständig Spieler, sind vorbereitet. Unser Ziel wird sein, die Mannschaft so zu entwickeln, dass wir dauerhaft um Platz fünf bis neun spielen können.
Da wäre Nuri Sahin als Verstärkung doch ein geeigneter Kandidat.
Bonhof: Es geht nicht darum, Luftschlösser zu bauen. Trainer José Mourinho lässt ihn doch gar nicht weg. Das sind meine Erkenntnisse.
Sie haben als Spieler, Trainer oder Scout viele Länder kennengelernt. Welche Wünsche möchten Sie sich noch erfüllen?
Bonhof: Wenn ich fit und gesund bleibe, schwebt mir eine Tour nach Alaska vor. Und das Thema Südpol habe ich auch noch im Kopf.