Stevens stocksauer - Gladbach demontiert Schalke
Mönchengladbach (dpa) - Nachfragen an Huub Stevens blieben bei der Pressekonferenz nach der 0:3-Demontage durch Borussia Mönchengladbach vorsichtshalber aus. Der Trainer des FC Schalke 04 hatte in einem kurzen Statement und verschiedenen TV-Interviews schon genug gesagt.
Er kochte vor Wut.
„Wenn einige so über den Platz laufen, sind sie es nicht wert, bei Schalke zu spielen. Und wenn ich die Körpersprache der Spieler am Ende sehe, frage ich mich, was sie bei Schalke zu tun haben“, giftete Stevens.
Während die Revierelf im Topduell des 21. Spieltags die schlechteste Saisonleistung bot, Platz drei an die Höhenflieger vom Niederrhein verlor und einen Rückschlag im Kampf um die Champions-League-Plätze wegstecken musste, bot die Borussia eine weitere Kostprobe ihrer hohen Fußball-Kunst. Nicht einmal zwei Minuten waren vor 54 049 Fans im Borussia-Park gespielt, als der erneut in Galaform auftrumpfende Marco Reus das Schalker Spielkonzept mit dem 1:0 über den Haufen warf. „Wir haben früh geführt und das 2:0 sehr schön herausgespielt. Das hat uns viel Vertrauen gegeben“, kommentierte Trainer Lucien Favre nüchtern den Blitzstart seiner Elf. „Nach dem 3:0 noch vor der Pause war es dann schwer für Schalke.“
Wie im Training schoben sich Filip Daems, Patrick Herrmann, Juan Arango und der immer stärker werdende Ex-Schalker Mike Hanke den Ball zu, umkurvten die gegnerischen Abwehrspieler wie Hütchen, ehe Hanke nach doppeltem Doppelpass den Traumangriff zum 2:0 (15.) abschloss. Arango (32.) sorgte per Freistoß für den endgültigen Knockout. „Das hat mit Disziplin und Ordnung zu tun. Wenn man sich nicht an die Vorgaben des Trainers hält, kann man gegen eine so gut organisierte Mannschaft nichts holen“, stellte Stevens knurrig fest.
Doch nicht nur die Abwehr glich einem Torso, auch die hochgelobte Angriffsreihe mit Raúl, Jefferson Farfán, Chinedu Obasi und Klaas-Jan Huntelaar war ein Totalausfall. Und der ohnehin kritisch beäugte José Manuel Jurado dürfte sich mit seinem uninspirierten Auftritt als „offensiver Sechser“ endgültig ins Abseits manövriert haben. Kein Kampf, kein Aufbäumen, keine echte Torchance in 90 Minuten: In Hälfte zwei konnte Gladbach den Sieg in aller Ruhe verwalten. Und Stevens sah sich in dem bestätigt, was er seit Wochen vorbetet. „Wir sind noch nicht stabil genug, um ganz oben mitzuspielen.“
Die Borussia schon. Fantastische 63 Zähler in 33 Bundesliga- Spielen holten die „Fohlen“ unter Favre, der an diesem Dienstag sein einjähriges Dienstjubiläum feiert. Dass seine Elf, die vor einem Dreivierteljahr erst in der Relegation gegen den VfL Bochum den Sturz in die Zweitklassigkeit verhinderte, nun mit 43 Punkten Druck auf das Spitzenduo Borussia Dortmund (46) und Bayern München (44) ausübt, mutet an wie Zauberei. Doch dahinter steckt akribische Arbeit und ein fein ausgeklügeltes Konzept des Schweizers Trainers.
„Es sieht so leicht aus, aber wir üben jeden Tag: Technik, Ballannahme, Ballmitnahme, Doppelpässe, Automatismen. Jeder weiß, wo er hinzulaufen hat“, erläuterte Roman Neustädter. So ist der Fastabsteiger zum Geheimfavoriten auf den Meistertitel mutiert. Auch wenn in Gladbach davon niemand reden will. Auch Hanke nicht: „Wir konzentrieren uns von Spiel zu Spiel. Damit sind wir bisher gut gefahren, warum sollten wir das ändern?“
Den Schalkern drohen derweil harte Trainingseinheiten bis zum Spiel bei Viktoria Pilsen. Benedikt Höwedes ist froh, dass man den desolaten Eindruck bereits am Donnerstag in Tschechien wieder verwischen kann. „Wir waren unterirdisch. Die erste Hälfte war einer Schalker Mannschaft unwürdig“, gab der Kapitän zu. „Es ist sicher nicht verkehrt, dass wir schnell wieder ein Spiel haben. Mit einem Erfolg in der Europa League können wir uns Selbstvertrauen für die Bundesliga holen.“