Kapitän Stindl im Interview Was Gladbach in der Hinrunde stark gemacht hat

Jerez de la Frontera · Obwohl es selbst für ihn als Kapitän in der Rückrunde schwieriger werden dürfte, fühlt sich Lars Stindl bei Borussia Mönchengladbach pudelwohl. Trainer Marco Rose lobt der 31-Jährige in höchsten Tönen.

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Kapitän Lars Stindl erlebt sein fünftes Winter-Trainingslager als Spieler von Borussia Mönchengladbach. So gut wie aktuell stand Stindl mit Borussia noch nie in der Winterpause da. Angesichts von nur zwei Punkten Rückstand auf Herbstmeister Leipzig macht sich auch Stindl Hoffnungen auf den Titel. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der 31-Jährige über Borussias Entwicklung, Trainer Rose und seine Zukunft.

Frage: Wie erleben sie das Trainingslager bislang?

Antwort: Sehr positiv. Natürlich ist es sehr angenehm, wenn die Sonne scheint, wenn man aus dem Flieger steigt. Die Einheiten hier waren bislang sehr intensiv. Das Testspiel gegen Almelo haben wir uns natürlich anders vorgestellt. Das dürfen wir nicht überbewerten, müssen es aber schon richtig einordnen. Wir schaffen hier die Grundlagen, um eine erfolgreiche Rückrunde zu spielen. Die Bedingungen dafür sind gut.

Frage: Was muss denn vielleicht noch besser werden?

Antwort: Das, was uns in der Hinrunde stark gemacht - dieses Pressing, die Intensität, das hohe Anlaufen - das müssen wir wieder reinbekommen. Auf Schalke müssen wir da von der ersten Minute an da sein, weil es ein sehr intensives Spiel wird. Das ist ein besonderes Spiel mit einer besonderen Stimmung. Da freuen wir uns alle drauf.

Frage: Trainer Rose wurde teilweise schon recht laut im Training...

Antwort: Wir wissen, dass er mal lauter werden kann und das vielleicht auch muss. Eine gesunde Mischung aus sachlicher Ansprache und manchmal auch mal etwas lauter werden, das macht er schon sehr gut. Wir arbeiten schon sehr intensiv, das ist richtig.

Frage: Er scheint nie zufrieden und immer mehr zu wollen – wie ist das für Sie als Spieler?

Antwort: Er ist schon sehr ehrgeizig. Das merken wir als Spieler auch. Er versucht, das immer direkt auf die Spieler zu übertragen, was sehr positiv ist. Der Trainer duldet keine Selbstzufriedenheit. Er dreht das Rad immer weiter und will den Erfolg optimieren bis zum Maximum.

Frage: Kann er ein richtig großer Trainer werden?

Antwort: Absolut. Er war schon sehr erfolgreich in Salzburg. Alleine die Begehrlichkeiten im Sommer, die er ausgelöst hat, zeigen das doch. Wir hatten das Glück, dass er Bock auf Mönchengladbach hatte. Davon profitieren wir.

Frage: Zu einem großen Trainer zählen auch Titel, die er in Österreich schon gewonnen hat. Wie realistisch ist der Titel in diesem Jahr in der Bundesliga?

Antwort: Wir können natürlich die Tabelle lesen. Platz zwei kommt nicht von ungefähr, das haben wir uns hart erarbeitet. Wir haben Mannschaften um uns herum, die ganz klar das Ziel haben, deutscher Meister zu werden. Wir sind aber auch ambitioniert, ehrgeizig und zielstrebig. Wir werden alles dafür tun, den maximalen Erfolg mit der Borussia zu haben.

Frage: Ist das Ihr Vorteil, dass es andere Mannschaften im Titelrennen gibt, die mehr unter Druck stehen?

Antwort: Damit beschäftigen wir uns nicht. Für uns ist einfach wichtig, auf Schalke einen guten Start zu erwischen und eine erfolgreiche Rückrunde zu spielen. Den Weg, den wir eingeschlagen haben, wollen wir noch optimieren.

Frage: Wie gelingt es, in dieser Saison einer starken Hinserie auch eine starke Rückrunde folgen zu lassen?

Antwort: Das ist doch schon Ansporn und Reiz genug, eine sehr, sehr gute Rückrunde zu spielen. Wir sind letzte Saison ja auch sehr, sehr gut in die Rückrunde gestartet mit drei Siegen. Danach hatten wir ein schwierige Phase. Unser Ziel ist es, das dieses Jahr zu vermeiden. Der Trainer predigt das auch immer, dass wir den eingeschlagenen Weg immer verbessern müssen. Es geht darum, die Konstanz reinzubekommen.

Frage: Was hat sich hier unter Rose im Vergleich zum Trainingslager vor einem Jahr unter Dieter Hecking geändert?

Antwort: Jeder Trainer hat seine eigene Art und auch unser Trainer hat seine eigenen Ideen, das merkt man im Training. Seine Spielformen, die Ansprache sind anders. Das bekommen wir schon mit. Die Rahmenbedingungen hier sind dieselben, aber wir haben eine andere Art und Weise auf dem Platz. Er ist schon sehr klar in seiner Ansprache. Obwohl wir immer gesagt hatten, dass es Zeit braucht, haben wir eine Mannschaft, die die Dinge sehr schnell angenommen hat.

Frage: Sie sind seit einigen Jahren jetzt schon bei Borussia. Wie sehen sie die Rolle des Clubs in der Liga?

Antwort: Hier wurde vor einigen Jahren mit Max Eberl und Steffen Korell ein anderer Weg eingeschlagen, der sehr erfolgreich ist. Wir befinden uns jetzt schon seit Jahren in der oberen Tabellendrittel. Wir haben in Europa gespielt mit tollen Reisen. Diese Rolle haben wir uns alleine erschaffen als Verein. Wir schwimmen jetzt bei den ganz Großen mit, obwohl wir vielleicht nicht ganz die finanziellen Mittel haben. Das ist eine ganz besondere Leistung. Wir verlieren auch nie den Blick für die Tradition, die Geschichte dieses Clubs und die Fans. Das kann man hier wiederfinden. Das macht für viele Spieler wirklich einen Reiz aus, nach Mönchengladbach zu gehen. Gladbach ist inzwischen ein Verein, der für sehr viele Spieler interessant geworden, die früher vielleicht nicht so den Blick auf Borussia hatten. Das haben wir uns erarbeitet. Ich bin hier überglücklich.

Frage: Sie sind jetzt 31 und Ihr Vertrag läuft noch bis 2021. Ist eine Verlängerung noch mal denkbar?

Antwort: Ich könnte mir gut vorstellen, hier noch länger zu bleiben. Ich fühle mich noch sehr gut. Darüber mache ich mir aber jetzt noch keine Gedanken. Da ist ja auch noch Zeit.

Frage: Das Angebot in der Offensive in Gladbach ist groß. Selbst Sie als Kapitän sitzen mal auf der Bank. Was haben Sie sich selbst für die Rückrunde vorgenommen?

Antwort: Ich will schon meinen Weg dazu beitragen. Spiele machen, das ein oder andere Tor erzielen und vorzubereiten. Da bringe ich mich voll ein.

Frage: Wer ist Ihrer Meinung nach Top-Favorit auf den Titel?

Antwort: Grundsätzlich ist immer der FC Bayern der Top-Favorit. Auch nach dieser nicht ganz einfachen Hinrunde mit dem Trainerwechsel. Aber Leipzig macht es ordentlich, die haben eine sehr gute Hinrunde gespielt. Und wir sind nur zwei Punkte dahinter und haben auch eine sehr ordentliche Hinrunde gespielt. Wir sind froh, dabei sein zu dürfen. Aber wir sind ambitioniert, wir haben Träume, wir sind ehrgeizig und versuchen, in der Rückrunde alles rauszuhauen.

Frage: Ist die Nationalmannschaft für Sie endgültig abgehakt?

Antwort: Ja. Ich kann das schon sehr realistisch einschätzen. Das war eine unfassbar tolle Zeit. Dass ich mich damals so kurz vor der Weltmeisterschaft verletzt habe, das war schon ein herber Schlag. Die Generation, die jetzt dran ist, hat eine sehr gute Möglichkeit, eine erfolgreiche EM und auch eine gute WM zu spielen.

Frage: Was genau trauen Sie dem Nationalteam im Sommer zu?

Antwort: Sehr viel. Wir haben im letzten Jahr schon sehr viel Potenzial und Qualität auf dem Platz gesehen. Die Mischung momentan ist gut. Man hat viele erfahrene Spieler noch dabei, aber auch viele neue Spieler, die eine unfassbare Qualität haben.

Frage: Wie sehen Sie die Entwicklung der Nationalmannschaft? Es wurde zuletzt viel über eine Entfremdung der Fans vom DFB-Team gesprochen.

Antwort: Das hat man schon auch selbst wahrgenommen. Jetzt versucht man ja, wieder näher zu den Fans zu kommen. Man bekommt schon mit, dass die Stimmung bei den Spielen jetzt nicht immer sensationell ist. Ich glaube aber schon, dass sich da etwas getan hat. Der DFB ist gewillt, das hinzubekommen. Auch die Jungs versuchen, nahbarer zu sein. Viele Dinge wie Anstoßzeiten kann man aber ja gar nicht beeinflussen.

Frage: Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, was nach der Karriere kommen könnte?

Antwort: Momentan fühle ich mich noch ganz gut. Ich habe richtig Bock, noch ein paar Jahre zu spielen. Ich werde dem Fußball schon irgendwie erhalten bleiben. Als Familienvater mag ich Kinder und bin schon am Nachwuchs interessiert. Da könnte ich mir schon vorstellen, in dem Bereich mal tätig zu werden.

Frage: Würden Sie generell gerne zurückkehren in die Heimat oder können Sie sich auch vorstellen, nach der Karriere im Rheinland zu bleiben?

Antwort: Ich bin schon sehr heimatverbunden, aber es ist für uns alle ein wirklich sehr großes Gut, für Borussia Mönchengladbach spielen zu dürfen, weil es ein Super-Verein mit guten Strukturen ist. Da könnte ich mir schon sehr gut vorstellen, dem Verein verbunden zu bleiben.

ZUR PERSON: Der 31-Jährige spielt seit 2015 für die Borussia. Zuvor war der Angreifer Profi beim Karlsruher SC und Hannover 96. Stindl spielte bis zu seiner schweren Verletzung vor der WM 2018 elfmal für das Nationalteam und schoss dabei vier Tore, unter anderem das entscheidende Tor zum Confed-Cup-Sieg 2017. Gladbachs Trainer Marco Rose bestimmte ihn vor der Saison zu seinem Kapitän.

(dpa)