1. Bundesliga 1. FC Köln sendet ein Lebenszeichen

Köln. · Der 1. FC Köln spielt gegen enttäuschende Leverkusener so leidenschaftlich wie lange nicht. Bringt der 2:0-Sieg die erhoffte Wende?

Kölns Sportdirektor Horst Heldt (l.) feiert nach dem Treffer zum 1:0 mit Kingsley Ehizibue (oben) und Torschütze Jhon Cordoba.

Foto: dpa/Marius Becker

Sie hüpften auf dem Rasen, sie hüpften auf den Rängen. Nach Wochen voller Enttäuschungen hatten Spieler und Fans des 1. FC Köln endlich mal wieder einen Grund zu feiern. Mit 2:0 (0:0) gewannen die Geißböcke das 81. Nachbarschaftsduell mit Bayer 04 Leverkusen und verkürzten zumindest den Rückstand auf Relegationsplatz 16 auf einen Punkt. „Heute haben wir einige Zuschauer wieder einfangen können“, sagte Innenverteidiger Rafael Czichos und Trainer Markus Gisdol meinte: „Es war Zeit für eine solche Leistung. Heute hat jeder gezeigt, dass er unsere Situation verstanden hat.“

Die Maßnahmen des 50-Jährigen könnten ihren Teil dazu beigetragen haben. Für die Partie gegen Leverkusen hatte Gisdol sowohl Kingsley Schindler als auch Florian Kainz aus dem Spieltagskader gestrichen, Birger Verstraete sowie Simon Terodde mussten sich das Geschehen von der Ersatzbank aus anschauen. Statt dessen schenkte der Trainer den jungen Talenten Noah Katterbach (18), Jan Thielmann (17) und Ismail Jakobs (20) das Vertrauen. „Ich beobachte die Jungs in jedem Training. Sie geben immer Vollgas. Die drei machen alles, um in der Bundesliga spielen zu können“, sagte Rafael Czichos.

Was Gisdol einigen anderen zumindest derzeit offenbar abspricht. Dies brachte er mit seiner Aufstellung zum Ausdruck und machte damit den Etablierten in der Start-Elf gehörig Beine. Von Beginn an kaschierten die Kölner ihre Defizite im läuferischen wie spielerischen Bereich durch Einsatz, Wille und Leidenschaft. „Jeder ist von der ersten Sekunde an da gewesen. Wir haben die Räume eng gemacht und die Zweikämpfe gesucht. Das hat den Gegner beeindruckt. Er hat gemerkt, dass wir heute nichts hergeben“, erklärte Gisdol und Czichos ergänzte: „So intensiv haben wir noch nie gespielt.“

Hinzu gesellte sich das oft vermisste Spielglück. So war die Gelbe Karte gegen den Leverkusener Aleksandar Dragovic (42.) die einzige Fehlentscheidung des ansonsten guten Schiedsrichters Manuel Gräfe, dessen berechtigte Verwarnung für den Österreicher dann logischerweise Gelb-Rot (62.) nach sich zog. In Überzahl erzielte Jhon Cordoba das 1:0 (73.), bei dem Dominick Drexler im Abseits stand. Nach bangen Minuten erkannte der Video-Assistent auf nicht strafbares Abseits – der Treffer zählte. Frustriert brannten Leon Bailey die Sicherungen durch. Nach dessen Platzverweis gelang Sebastiaan Bornauw mit Elf gegen Neun das erlösende Tor zum 2:0 (84.).

Es war der erste Sieg nach sieben Spielen (sechs Niederlagen, ein Remis), doch wie groß ist die Nachhaltigkeit dieses Lebenszeichens? Ein Derby hat stets seine eigenen Gesetze, es setzt Kräfte frei. Doch kann Gisdol diesem bisher lauf- und sprintschwächsten Team der Liga die am Samstag gezeigten Tugenden auch langfristig implementieren? Kann er die Mannschaft in der Winterpause fit machen für den Abstiegskampf? Gegen zehn und später nur noch neun Leverkusener fielen die vorhandenen Konditionsdefizite nicht groß ins Gewicht. „Wir dürfen den Blick nicht verstellen. Es ist noch nicht alles gut. Es war ein Sieg, mehr nicht“, sagte Gisdol.

Leon Bailey fliegt erneut nach einer Tätlichkeit vom Platz

Für Leverkusen hingegen war es mehr als eine Niederlage und ein Déjà-vu obendrein. Im März 2018 hatte Lucas Alario seine Nerven nicht im Griff gehabt, der Argentnier flog früh vom Platz. Köln siegte 2:0, nun erwies Leon Bailey der Werkself einen Bärendienst – nicht zum ersten Mal. Am 2. November war er wegen einer Tätlichkeit an Gladbachs Patrick Herrmann vom Platz geflogen. Nun wurde der Jamaikaner nach dem Schlag ins Gesicht von Ehizibue vorzeitig zum Duschen geschickt. Kapitän Lars Bender zeigte dafür völliges Unverständnis. „Mit zehn wird es schwer, mit neun unmöglich. Ich erwarte da eine klare Entschuldigung von ihm.“

An Bailey allein lag die Pleite freilich nicht. Schließlich war dieser erst in der 54. Minute eingewechselt worden. Schon bis dahin hatte die Werkself die nötige Einstellung vermissen lassen, zudem Trainer Peter Bosz eine fragwürdige Aufstellung gewählt.

Anstatt mit schnellen Außen die fragile Kölner Defensive unter Druck zu setzen, war er auf viel Ballbesitz aus. „Ich wollte das Spiel bestimmen, aber wir waren schlecht“, sagte Bosz und ergänzte: „Wenn man nicht mit einem der beiden Vereine gehalten hat, dann konnte man den Fernseher ausmachen. Hier war kein guter Fußball zu sehen.“ Den Bärenanteil daran hatte seine Mannschaft.