96 genießt „Momentaufnahme“ - Hertha fehlt der „Glaube“
Berlin (dpa) - Für 96-Präsident Martin Kind hatte sich am Ende sogar die stressige Viereinhalb-Stunden-Anreise nach Berlin gelohnt. Erst zehn Minuten nach dem Anpfiff war der Chef der Hannoveraner im Berliner Olympiastadion angekommen.
„Aber das erste Tor ist ja zur rechten Zeit gefallen“, sagte Kind mit einem breiten Lachen. Der Franzose Jimmy Briand (44.) und der Japaner Hiroshi Kiyotake (76.) machten mit ihren Toren zum 2:0-Sieg den elften Spieltag der Fußball-Bundesliga zu einem Festtag für Hannover 96 und zu einer Frustveranstaltung für Gastgeber Hertha BSC. „Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Ruhe zu bewahren“, betonte Berlins Manager Michael Preetz nach der dritten Pflichtspiel-Pleite seines Teams nacheinander.
„Sie wollten, konnten aber nicht. Das hat man der Mannschaft angesehen. Sie hat nicht das Vertrauen ausgestrahlt wie in den vergangenen Heimspielen“, brachte Preetz die Probleme der Hertha auf den Punkt. Nur elf Punkte und ein schweres Restprogramm bis zum Ende der ersten Halbserie unter anderen mit Partien gegen Bayern München, Mönchengladbach, Dortmund und Hoffenheim lassen in der Hauptstadt die Alarmglocken schrillen. „Wir sind in einer schwierigen Phase“, räumte Preetz unumwunden ein: „Wir werden an den Dingen arbeiten müssen in der Länderspielpause, auch wenn viele Spieler weg sind.“
Spaß hatten wie so oft in den vergangenen Jahren beim Duell Hertha kontra Hannover nur die Gäste. „Es war ein verdienter Sieg. Das dritte Spiel hintereinander zu Null ist auch wichtig. 19 Punkte - es geht weiter“, fasste 96-Coach Tayfun Korkut den Abend vor 39 710 Zuschauern zusammen. An den Zielen seines Teams (einstelliger Tabellenplatz) aber habe der aktuelle Höhenflug, der die Niedersachsen bis an die Spitzenteams in der Tabelle heranbrachte, nichts geändert. „Das ist eine Momentaufnahme“, betonte Präsident Kind und herzte in den Stadionkatakomben jeden Spieler, der bei ihm vorbeilief.
„Realistisch bleiben und weiter konzentriert arbeiten“, gab der Clubchef seinen Profis mit auf den Weg. Verteidiger Christian Schulz genoss nach seinem 200. Bundesligaspiel aber erst einmal den Moment: „Zur Zeit geht es nicht besser.“ Korkut bleibt ruhig, da er weiß: „Als Trainer habe ich auch in der kurzen Zeit schon gemerkt, wenn du zwei, drei Spiele verlierst, geht es wieder in die andere Richtung.“
Genau das erlebt gerade die auswärtsschwache Hertha, deren Festung Olympiastadion nach drei Heimsiegen in Serie nun auch noch fiel. „Je länger das Spiel lief, umso mehr fehlte der Glaube“, skizzierte Trainer Jos Luhukay die derzeit größte Sorge. Dann folgten Fehler wie die von Startelf-Neuling Marvin Plattenhardt. „Das muss man erst einmal wegstecken“, äußerte Luhukay. Einfach „Shit“ bemerkte der erfahrene niederländische Verteidiger John Heitinga über Spiel und Situation seines Teams mehrfach: „Wir stehen mit leeren Händen da.“
Ein Quote von nur 40 Prozent gewonnenen Zweikämpfe ist alarmierend. „Hannover hat das Selbstvertrauen ausgestrahlt, das wir nicht hatten. Wir hatten keinen Zugriff auf das Spiel. Deshalb war es ein gebrauchter Tag“, bemerkte Manager Preetz. Zu allem Überfluss verletzte sich Kapitän Fabian Lustenberger, der sich gerade nach monatelanger Verletzungspause langsam wieder herangekämpft hatte, erneut am Oberschenkel. „Wir müssen das Vertrauen in uns zurückbekommen, dann werden wir mit Hertha BSC in der Zukunft auch wieder Punkte holen“, sagte Luhukay. Es klang mehr nach einem Wunsch.