Aus dem Leben der Schale

Sie besteht zu 50 Prozent aus Silber, ist mit grünen Turmalinen verziert und heute liebstes Spielzeug der Dortmunder.

Dortmund/Bremen. Endlich. Viele Monate der Ruhe und Routine sind heute vorbei. Sie steht wieder bereit. Schließlich will sie jeder in den Händen halten und gen Himmel recken. Sie ist so begehrt, dass ihr kaum ein Mann widerstehen kann. Dabei hat sie nur eine, aber doch weitreichende Bedeutung. Sie sagt ohne Worte: „Derjenige, der mich bekommt, ist deutscher Fußballmeister.“

Sie ist ein Star, und so wird sie auch behandelt. Seit vorigem Sommer bis Mitte April verbrachte die Meisterschale ihre Tage im Borusseum. „Hinter Sicherheitsglas“, sagt Fabian Große-Jüttermann, Mitarbeiter in Dortmunds Fußball-Museum.

Jeden Morgen kam sie aus einem Tresor, wurde umsichtig in einen gepolsterten Koffer gelegt und ins Museum getragen. „Mit weißen Samthandschuhen“, versichert Große-Jüttermann. Der Reiz dieser Aufgabe war anfangs groß. Mit der Zeit ließ die allgemeine Aufregung aber etwas nach. „Es wurde sich dann nicht mehr darum geprügelt“, sagt Große-Jüttermann.

Ruhig hatte sie es meist. Abgesehen von einigen Sponsorenterminen oder bei Besuchen von Fans, die die Schale gelegentlich anfassen durften. Danach wurde sie stets wieder herausgeputzt und auf Hochglanz poliert.

Doch dann war es mit der Ruhe vorbei. Kurz bevor feststand, dass erneut „BV Borussia Dortmund“ in die Schale graviert werden soll, ging die Reise nach Bremen, zur Gold- und Silbermanufaktur Koch und Bergfeld Corpus. Dort wurden auch die Goldene Kamera und die Schale für den Zweitliga-Meister gefertigt.

„Der Champions-League-Pokal wurde hier auch entworfen“, sagt Geschäftsführer Florian Blume. Seit 2009 gravieren die Bremer die „Salatschüssel“.

Und sie erhält besondere Zuwendung. Zunächst wird der äußere Ring, auf dem der Name stehen wird, abmontiert. Mit Bleistift wird der Name auf den Ring vorgeschrieben, sagt Blume. Mit einem Stichel werden die Buchstaben dann Stück für Stück herausgeschnitten. „Das dauert einige Stunden“, erklärt Blume. „Jedes Werkstück geht durch mehrere Hände.“

Das Herz der Bremer Mitarbeiter schlägt selbstredend für Werder. Doch aus professionellen Gründen darf so etwas keine Rolle spielen. Selbst wenn der HSV Meister werden würde, hätte Blume kein Problem damit, die notwendigen Arbeiten zu erledigen. „Da gehen wir eigentlich emotionslos ran.“ In 15 Jahren ist die Schale voll. In der Vergangenheit wurde bereits ein zusätzlicher Ring an der Außenseite angebracht. Die Meisterklubs bekamen zusätzlich weniger Platz, sich auszubreiten.

Die für die Meisterschale zuständige DFL hat noch keine Vorkehrungen für die anstehende Platznot getroffen. Große-Jüttermann vermutet, dass sie noch einmal erweitert wird. Sie habe schließlich einen historischen Wert. „Auf der Rückseite zwischen den Nieten wäre Platz“, scherzt er.

Vor der Übergabe wird die Trophäe dann noch einmal herausgeputzt. am Samstagnachmittag, gegen 17.20 Uhr, wird sie im Dortmunder Stadion dann wieder hochgereckt. Sie wird durch viele Hände gehen, in der Menge und im Blitzlichtgewitter baden, Nächte durchfeiern, Veranstaltungen bis in den Sommer besuchen, immer im Mittelpunkt stehen. Sie wird sich darauf freuen, wieder poliert zu werden und im Tresor zu verschwinden. Denn — die nächste Meisterfeier kommt bestimmt.