Bayern nur 1:1 - Schalker Stimmungsumschwung

Gelsenkirchen (dpa) - Manuel Neuer war sauer. Der erste Gegentreffer und der erste Punktverlust auf Schalke seit seinem Wechsel zum FC Bayern vor drei Jahren wurmten den Welttorhüter sichtlich.

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Zumal der 1:1-Ausgleich beim starken Debüt von Xabi Alonso durch seinen Kumpel Benedikt Höwedes in der 62. Minute für Neuer irregulär war. „Der Ball geht von seiner Hand ins Tor, dann ist es Handspiel. Wenn ein Abwehrspieler auf der Torlinie den Ball mit der Hand abwehrt, gibt es Elfmeter“, erläuterte der Bayern-Keeper seine spezielle Sichtweise, die in diesem Fall aber kaum jemand teilte. Was Neuer verschwieg, ergänzte Weltmeister Höwedes. „Wenn man den Ball aus 30 Zentimetern an den Arm geschossen bekommt, kann man das nicht abpfeifen. Es war keinerlei Absicht.“

Da Schiedsrichter Marco Fritz derselben Meinung war, entging der FC Schalke 04 mit dem dank großer Moral erkämpften Punkt einem kompletten Fehlstart in die Bundesliga-Saison. Der Rekordmeister aus München spielte laut Pep Guardiola zwar die „besten 25 bis 30 Minuten der vergangenen sechs Monate“, konnte das unglaubliche Anfangsniveau im Top-Act des 2. Spieltags trotz der beachtlichen Vorstellung von Xabi Alonso aber nicht halten. „Dann haben wird die Kontrolle verloren und hatten viele Probleme“, monierte der Bayern-Coach.

Wie Guardiola warben Neuer und Kapitän Philipp Lahm - zwei von insgesamt sieben Weltmeistern in den Startformationen - jedoch um Verständnis, dass noch nicht alles über die gesamte Spieldauer klappen kann. „90 Minuten so zu spielen wie in den ersten 25 ist zu diesem Saisonzeitpunkt noch nicht möglich“, meinte Neuer.

Auch Lahm sieht wegen des verspäteten Einstiegs zahlreicher WM-Fahrer und der Verletzungsproblematik noch viel Luft nach oben: „Man vergisst oft, dass uns einige wichtige Führungsspieler fehlen. Es ist normal, dass wir jetzt noch nicht 90 Minuten Gas geben können“, erklärte Lahm. Insgesamt ist der Kapitän aber nicht unzufrieden mit der bisherigen Ausbeute: „Sechs Punkte wären ein guter Start, null Punkte ein schlechter Start. Mit vier können wir zufrieden sein.“

Durch Robert Lewandowskis erstes Bundesligator im Bayern-Trikot (10.) waren die Gäste in der ausverkauften Arena in Führung gegangen. Nach dem Blitzstart deutete alles auf einen ähnlichen Verlauf hin wie bei den sieben Siegen in Serie gegen Schalke zuvor. Doch anders als zuletzt bei den Pleiten in Dresden (Pokal) und Hannover bäumten sich die Knappen auf, fanden zurück ins Spiel und erspielten sich mehr und mehr gute Chancen. Der Ausgleich war ohne Zweifel der verdiente Lohn.

Dass beim 1:1 ausgerechnet der von Guardiola 24 Stunden nach seiner Unterschrift in München in die Startelf berufene Xabi Alonso bei einem missglückten Rettungsversuch den Ball an den Arm von Höwedes schoss, ist eine der vielen kleinen Geschichten am Rande. Der von Real Madrid verpflichtete spanische Weltstar erwies sich schon bei seinem 68-Minuten-Debüt als die erhoffte Verstärkung. Guardiola („Er wird uns helfen“) war „sehr zufrieden“ mit ihm. Auch die Teamkollegen freuen sich über den Champions-League-Sieger. „Alonso hat ein gutes Spiel gemacht und tolle Pässe geschlagen“, lobte Xherdan Shaqiri.

Stolz auf sein Team war Jens Keller, um den schon wieder eine öffentliche Debatte entbrannt war. Man sei zwar „überhaupt nicht gut aus den Startlöchern gekommen“, aber: „Welche Reaktion meine Mannschaft nach dem frühen Rückstand gezeigt hat, verdient allergrößte Anerkennung. Jeder einzelne Spieler hat auf dem Platz geackert, sich voll reingehauen“, sagte der Coach, der sich zwar mehr Ruhe zum Arbeiten wünscht, diese aber im chronisch nervösen Schalker Umfeld wohl nie bekommen wird.

Nicht zuletzt deshalb warnte Julian Draxler, die Zügel nun wieder schleifen zu lassen. „Wir müssen begreifen, dass wir nicht nur gegen die Bayern, sondern gegen jede andere Mannschaft so engagiert auftreten müssen“, befand er. „Dann müssen wir uns vor niemandem verstecken.“ Auch für Höwedes, der sich immer mehr zum Leader entwickelt, war das ohne die angeschlagen Kevin-Prince Boateng und Klaas-Jan Huntelaar erkämpfte Remis „ein Schritt nach vorn“. Und womöglich mehr als nur ein Stimmungsaufheller.