Blamage vermeiden: Kaum Vorfreude auf Hertha-Jubiläum
Berlin (dpa) - Für Hertha geht es vor allem um Schadensbegrenzung. Pleitenserie, Trainerchaos, Personalsorgen - und im nächsten Spiel gegen den momentan souverän aufspielenden Meister Borussia Dortmund droht der nächste Tiefschlag.
Dass die Partie am Samstag auf jeden Fall in die Hertha-Geschichte eingehen wird, juckt die Berliner Protagonisten offenbar wenig. Gegen den BVB wird der Hauptstadtclub sein 1000. Spiel in der Fußball-Bundesliga bestreiten. „Nein, das ist mir nicht bewusst“, meinte Interimscoach René Tretschok lapidar, „das ist auch nicht interessant.“
Hertha ist der 14. Club, der In der „ewigen“ Spiele-Statistik in den vierstelligen Bereich aufrückt. In den bislang 999 Matches ist die Bilanz ziemlich ausgeglichen: 369 Siegen stehen 376 Niederlagen gegenüber, 254 Mal spielte die „Alte Dame“ unentschieden. Für Tretschok zählen Zahlen überhaupt nicht. Der Ex-Profi soll mithelfen, dass die seit zehn Ligaspielen sieglose Hertha auch im nächsten Jahr im deutschen Fußball-Oberhaus mitwirken kann.
Nach seinem Einstand am Dienstag machte der Kurzzeit-Übungsleiter erst einmal die Schotten dicht: Bis zum Match im sicher ausverkauften Olympiastadion - auch 18 000 Dortmunder Fans werden erwartet - sind Öffentlichkeit und Medien vom Training ausgeschlossen. „Wir wollen taktische Sachen machen und uns darauf fokussieren können“, betonte Tretschok und ergänzte in Richtung Dortmund: „Jürgen Klopp soll nicht so viele Informationen bekommen.“
Vielleicht ist die Maßnahme gar nicht verkehrt, seine Spieler nach dem Tohuwabohu vom Wochenende erst mal unter Quarantäne zu stellen. Die 0:5-Klatsche in Stuttgart, die Entlassung von Trainer Michael Skibbe und der Fan-Aufmarsch vor der Geschäftsstelle haben Hertha bundesweit in die Schlagzeilen gebracht. „Das ist nicht einfach, wenn der Fokus von ganz Deutschland auf uns gerichtet ist“, gestand Tretschok. „Aber wir sind Profis und müssen damit umgehen.“
Die Aufmerksamkeit müssen sich Tretschok und seine Schützlinge mit Michael Preetz teilen. Der Manager ist auf der Suche nach einem neuen Cheftrainer und übt sich in ähnlicher Geheimniskrämerei wie sein Interimscoach. In der Hauptstadt kursieren seit Tagen wilde Gerüchte und Namen, als Favorit haben sich Berliner Medien offenbar auf den Bulgaren Krassimir Balakow geeinigt. Der frühere Stuttgarter Profi müsste voraussichtlich aus seinem Vertrag bei Hajduk Split herausgeholt werden. Geld aber ist knapp. Die Berliner sind arm - und momentan auch alles andere als sexy.
Das wissen vermutlich auch Tretschok und dessen Helfer Ante Covic. Vor dem Spiel gegen Tabellenführer Dortmund redet das Duo die Mannschaft stark. „Wir haben keine Angst“, unterstrich Tretschok. „Wenn wir geschlossen auftreten, können wir fast alles erreichen, da kann uns nichts erschüttern“, ergänzte Covic.
Gegen den BVB, der zuletzt sieben Pflichtspiele in Serie gewonnen hat, setzt Tretschok auf „Wille und Leidenschaft“. Verzichten musste er im ersten Training auf mehr als ein halbes Dutzend verletzter oder angeschlagener Spieler. So scheint ein Erfolgserlebnis gegen Tretschoks früheren Club BVB nur über Willen und Kampf realistisch zu sein. „Es ist Schicksal, gerade jetzt gegen sie zu spielen“, sagte der Trainer. „Ich habe den Jungs gesagt, das ist eine Riesen-Ehre.“