Bobic: Gespräche mit anderen Trainern „befremdlich“
Stuttgart (dpa) - Der Januar ist für Fredi Bobic fast schon traditionell ein arbeitsintensiver Monat. Für den Sportdirektor des Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart heißt es da vor allem: Verträge verlängern.
Mit der Nachrichtenagentur dpa sprach der 41-Jährige über die Hängepartie um den auslaufenden Kontrakt von Coach Bruno Labbadia, Schattengespräche mit anderen Trainern und die Auswirkungen des „Financial Fairplay“.
Herr Bobic, fünf Jahre haben sie selbst für den VfB gespielt, seit 2010 sind Sie Manager bei den Schwaben. Ist das ein Traumjob?
Fredi Bobic: „Ich fühle mich absolut wohl in dieser Rolle. Es macht mir unheimlich viel Spaß, egal wie anstrengend es ist. Erfolgreich kannst du heute aber nur im Team sein, die Zeiten der „One Man Show“ sind vorbei. Wenn du dann aber selber an der Front stehst, musst du Ohrfeigen ertragen können, und solltest Lobhudeleien gelassen nehmen.“
Als Führungskraft sind Sie auch für Vertragsverlängerungen verantwortlich. Wie weit sind Sie bei Trainer Bruno Labbadia?
Bobic: „Wir sind im Zeitplan. Die Gespräche waren sehr ausgiebig und wurden offen geführt. Von der sportlichen Seite her waren wir schnell klar, wie unsere Situation ist und wie sie mittel- und langfristig sein kann. Jetzt kommt das nächste, jetzt werden Vertragsdetails besprochen. Das kann nochmal ein paar Tage dauern. Wir haben ja gesagt, dass wir das gerne im Januar geregelt haben wollen, da ist also noch etwas Zeit bis zum 31.“
Was machen Sie, falls die Vertragsverlängerung scheitern sollte?
Bobic: „Es gibt zwei Möglichkeiten: du unterschreibst oder du unterschreibst eben nicht. Das sehe ich ganz nüchtern. Sicherlich haben wir das eine oder andere im Kopf, wenn mal etwas anders kommt. Einen Plan B gibt es aber nicht. Es wäre doch befremdlich, wenn ich Schattengespräche mit anderen Trainern führen würde. Das würde ich erst tun, wenn ich merken würde, dass es nicht geht. Das gilt für Bruno Labbadia genauso, auch er hat nicht mit anderen Clubs gesprochen.“
Trotz Sparkurs ist der VfB Liga-Neunter, noch im DFB-Pokal und der Europa League vertreten. Wie sind die Ziele für die Rückrunde?
Bobic: „Ich erwarte, dass wir uns weiter stabilisieren. Wir haben mit Wolfsburg und Bayern einen sehr schweren Start. Wir haben gesperrte und verletzte Spieler, aber wir hoffen, dass wir das genauso kompensieren wie in der Vorrunde. Vielleicht können wir ja an die traditionell guten Rückrunden der letzten Jahre anknüpfen. Das wäre schön, wird aber auch verdammt schwer.“
Der VfB war fünfmal Meister, zuletzt 2007. Seitdem herrscht im Umfeld und vor allem unter den Anhängern eine hohe Erwartungshaltung.
Bobic: „Ich glaube, die VfB-Fans haben ein gutes Gespür. Wir versuchen hier den Spagat hinzubekommen, einen gewissen Erfolg zu haben, aber uns auch den Gegebenheiten anzupassen. Mir ist es wichtig, dass wir die Fans mitnehmen. Man sollte ihnen nicht irgendwelche Träumereien vermitteln. Schließlich hat sich die Bundesliga verändert. Heute spielen zehn oder zwölf Vereine um die ersten sechs Plätze. In diesem Konkurrenzkampf müssen wir daher aktuell kleinere Brötchen backen.“
Wie bedeutend ist dabei die Verbundenheit zur Region?
Bobic: „Wichtig ist, dass man seine Basis nicht vergisst. Unsere Stärke war immer der regionale Bezug und die Jugendarbeit. Früher gab es im Verein schon ein gespaltenes Denken: Die einen haben gesagt, wir müssen immer top sein. Die anderen meinten, ein ruhiger Aufbau ist vielleicht besser. In den letzten zwei, drei Jahren mussten wir uns von den hohen Ansprüchen etwas trennen. Entsprechend mussten wir auch den Kader verändern. Wir wussten dabei immer, dass das Zeit braucht.“
Ihre finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt. Merkt man aber als Bundesligist bei Transfergesprächen angesichts von „Financial Fairplay“ Vorteile gegenüber ausländischen Konkurrenten?
Bobic: „Davon spüre ich nichts. Solange die Vereine keine Sanktionen befürchten müssen, hat das keine Wirkung. Die gibt es nur in kleinen Fällen, bei denen man sich nicht die Finger verbrennen kann. Aber ich wäre gespannt, was geschehen würde, wenn man es mal richtig machen würde. Dann wäre es interessant zu sehen, wie sich die Vereine verhalten. Dann würde sich vielleicht auch die seriöse Arbeit in der Bundesliga auf Dauer auszahlen. Und manche Transfers könnte man vielleicht einfacher umsetzen.“
Das DFL-Sicherheitskonzept vom Dezember hat nicht nur unter Fans für Unmut gesorgt. Wie bewerten Sie das Papier?
Bobic: „Durch den 12. Dezember hat man sich selbst unnötig unter Druck gesetzt. Im Endeffekt ist aber nicht wirklich viel passiert. Dinge, die ohnehin schon gemacht wurden, stehen jetzt auf dem Papier. Ein, zwei verschärfte Punkte gibt es nun, die möglich sind, wie zum Beispiel die Kontrollen. Ob die in Zukunft umgesetzt werden, wird man sehen.“
Das Innenministerium in Nordrhein-Westfalen hat sogar V-Leute in der gewaltbereiten Fußball-Fan-Szene eingesetzt.
Bobic: „Wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass es in speziellen Fan-Gruppierungen kriminelle Energien gibt, dann finde ich das nicht verwerflich.“
Die Politik fordert immer wieder eine Beteiligung der Clubs an Polizeieinsätzen. Wie stehen Sie dazu?
Bobic: „Wie viel zahlen denn die Vereine an Steuern? Wie viele Arbeitsplätze gibt es rund um die Bundesligaspiele? Fußball ist ein riesiger Wirtschaftszweig, da wäre es doch aberwitzig, wenn wir auch noch die Polizeieinsätze bezahlen würden.“