BVB in der Krise — Hertha im Glück
Der Aufsteiger gewinnt gegen ersatzgeschwächte Dortmunder und krönt eine gute Hinrunde.
Dortmund. Viele gönnen sich zum Weihnachtsfest eine dicke, fette Gans. Bei Borussia Dortmund wird in diesen Tagen etwas serviert, was mindestens genauso schwer im Magen liegt — eine dicke, fette Krise. Das verdiente 1:2 (1:2) gegen Aufsteiger Hertha BSC bedeutete die dritte Heimspielniederlage in Folge. Das gab es zuletzt vor mehr als 13 Jahren. Dazu verbuchte man in den letzten sechs Ligaspielen gerade mal vier magere Punkte. Ein Zahlenspiel, welches pünktlich zu den feierlichen Tagen die Glocken klingen lässt. Die Alarmglocken.
Die Selbstverständlichkeit ist verloren gegangen beim BVB. Das Selbstvertrauen ins eigene Können. Und das Selbstwertgefühl. „Wir haben uns selbst eingebrockt, dass wir in dieser Pause über viele Dinge nachdenken müssen“, sagte Trainer Jürgen Klopp mit finsterer Miene. Vielleicht auch ein wenig über sich selbst, hatte er sich doch kurz vor dem Spielende sogar auf Wortduelle mit Zuschauern hinter der Trainerbank eingelassen.
Fast ein wenig ratlos wirkte er angesichts der inspirationslosen Vorstellung von Schwarz-Gelb. Die Angriffe nach Schema F vorgetragen, die Abwehr wackelig. Eine üble Kombination, welche die Hauptstädter dankbar nutzten. Sie selbst waren prima organisiert. Dazu fixer auf den Beinen, robuster in den Zweikämpfen und gieriger auf den Erfolg.
„Ich bin nach langer, langer Zeit erstmals nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie wir aufgetreten sind“, nahm Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc kein Blatt vor den Mund. Widerspruch? Sinnlos! Die Borussia hatte zwar einen riesigen läuferischen Aufwand betrieben, wie die Statistikbögen ausspuckten — der Ertrag stand aber in keinem Verhältnis dazu.
Dabei hätte Marco Reus´ frühes Führungstor (7.) Sicherheit bringen müssen, doch Fehler machten fortan nur noch die Gastgeber. Dem Ausgleich von Ramos (1:1, 23.) ging ein Patzer von Eric Durm bei der Ballannahme voraus. Noch bitterer der Fauxpas von Marian Sarr, der vor dem 1:2 von Sami Allagui (45.) das Leder vertändelte.
Der 18-Jährige war fertig mit den Nerven, blieb zur Pause direkt in der Kabine. Dort saßen seine Mitspieler eine weitere Halbzeit später in ähnlicher mentaler Verfassung. Niedergeschlagen. Leer. Fertig. Nach einem Fußballjahr mit extrem vielen Höhen, zuletzt aber auch deutlich zu vielen nicht eingeplanten Rückschlägen.
Dortmund in der Krise, Berlin obenauf. „Der heutige Sieg war die Krönung der Hinrunde“, sagte Trainer Jos Luhukay. „Ich bin unglaublich stolz.“ Durfte er sein. Vor allem auf den Debütanten Markus Gersbeck. Der 18-jährige Torhüter verschuldete zwar den Dortmunder Führungstreffer, bewies danach bei den wenigen BVB-Chancen aber Nervenstärke. „Die Mannschaft hat mich gerettet“, sagte er, bevor er auf den Zaun zu den Fans kletterte. Dorthin, wo er sonst immer steht. Gersbeck hat eine Dauerkarte in der Hertha-Kurve. Könnte sein, dass sein Platz dort künftig frei bleibt. . .