Cacau-Ausfall setzt Labbadias VfB noch mehr zu
Stuttgart (dpa) - Am Ende der Trainingseinheit versammelt Bruno Labbadia die Spieler um sich und spricht noch einmal zu ihnen. Das gute Dutzend VfB-Profis, das während der Länderspielpause in Stuttgart geblieben ist, hört dem Trainer aufmerksam zu.
Die Fußballer klatschen, als er fertig ist - und sogar die Herbstsonne strahlt vom schwäbischen Himmel, als wäre beim Bundesligisten alles wieder in Ordnung. Doch das Bild trügt: Die sportliche Situation des Tabellen-15. ist brisant, die Wutrede des unter einem enormen Druck stehenden Labbadias klingt noch nach - und personell entspannt sich nach der schlimmen Verletzung von Cacau erst mal auch nichts.
Der ehemalige Nationalstürmer (23 Länderspiele/sechs Tore) fehlt wegen eines Kreuzbandrisses am linken Knie mindestens drei Monate - im schlimmsten Fall sogar die gesamte Saison. „Das ist natürlich ganz bitter für uns und tut mir unheimlich leid für ihn“, sagte VfB-Sportdirektor Fredi Bobic. „Wir werden ihn mit allem, was wir tun können, unterstützen und hoffen, dass ihm eine Operation erspart bleibt und er damit nicht noch länger ausfällt.“
Ungeachtet des persönlichen Schicksals von Cacau: Stuttgart hat größere Sorgen. „Wir müssen jetzt schauen, dass wir punkten, egal wie“, sagte VfB-Kapitän Serdar Tasci nach der Übungseinheit unter der Woche. „Punkte sind jetzt das Wichtigste.“ Man könnte anfügen: auch für den Trainer.
Nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen hatte sich Labbadia Fans und Umfeld des mal wieder schwach in die Saison gestarteten VfB vorgenommen, aber vor allem die Medien kritisiert. Nun will der Hesse, der einen Rücktritt ausgeschlossen hat, erst wieder vor dem Spiel beim wiedererstarkten Hamburger SV sprechen. Ausgerechnet der HSV, der Labbadia im April 2010 entlassen hat. Und ausgerechnet der HSV, der ebenso bescheiden in die Saison gestartet ist, die Trendwende aber geschafft hat.
Vor der Partie macht Tasci das, was von einem Kapitän zu erwarten ist: Er stärkt Labbadia den Rücken. Er könne den emotionalen Ausbruch seines Trainers nachvollziehen, sagte der Innenverteidiger. „Es wurde von den Medien rübergebracht, als ob es nicht stimmt zwischen Trainer und Mannschaft. Das ist aber nicht so.“
Neben aller Kritik, die an Labbadias Wutrede geübt wurde: Mit seiner Reaktion steht Tasci nicht allein. Auch VfB-Präsident Gerd Mäuser, Bobic, Trainerkollegen und Teile der Stuttgarter Fans äußerten inzwischen Verständnis für den 46-Jährigen. Tenor: Man muss sich nicht alles gefallen lassen.
Doch klar ist auch, dass Labbadias Zukunft letztlich an den Ergebnissen hängt. Die Aussage des Aufsichtsratschefs Dieter Hundt, der VfB habe schließlich noch den „fünft- oder sechstteuersten Kader“ der Liga und die Mannschaft „noch Luft nach oben“, machte das deutlich. So hängt eine eigentümliche Spannung über Bad Cannstatt - und die Frage: Wie werden die Spieler auf dem Platz reagieren? Die Antwort folgt am Sonntag im fernen Hamburg.