Cacau, der Glaube und das Schuften fürs Comeback
Stuttgart (dpa) - Der vollständige Name von Cacau ist ähnlich lang wie seine Leidensgeschichte in diesem Jahr. Jerônimo Maria Barreto Claudemir da Silva musste 2012 mehr Rückschläge hinnehmen als je zuvor in seiner Fußball-Karriere.
Sein Trainer Bruno Labbadia spricht von einer Leidenszeit für den beim VfB Stuttgart kaum entbehrlichen Angreifer. Als sich die Schwaben in der Bundesliga-Rückrunde noch Platz sechs sichern konnten, musste sich der gebürtige Brasilianer mit einer neuen Rolle als Joker begnügen. Den nächsten Rückschlag erlebte der wendige Stürmer Ende Mai. Bundestrainer Joachim Löw strich Cacau im Trainingslager der Nationalmannschaft kurz vor der Abreise nach Polen völlig überraschend aus dem EM-Aufgebot.
Angesichts von nur drei Stürmern im DFB-Kader hatte er als Backup für Miroslav Klose und Mario Gomez gegolten. Selbst sein Status als Löws Lieblingsjoker half Cacau aber nichts: In 19 seiner 23 Länderspiele wurde er eingewechselt und dankte es auch mit Toren.
Am 17. Oktober folgte der nächste Tiefpunkt. Beim Zusammenstoß mit Youngster Antonio Rüdiger erleidet Cacau, neben Vedad Ibisevic der einzige echte nominelle Stürmer im VfB-Kader, einen Kreuzband- und Innenbandriss im linken Knie. Von rund drei Monaten Pause für den 286-maligen Bundesligaspieler (87 Treffer) ist zunächst die Rede.
„Ich habe mir gedacht, dass der Glaube nun sozusagen geprüft wird. Ob er etwas ist, das einem hilft“, erzählte Cacau jüngst auf der Homepage des VfB Stuttgart. „Und ich kann nochmal bestätigen, dass das genau das ist, was mich mit Hoffnung nach vorne schauen lässt. Ich weiß, dass Gott auch in dieser Situation bei mir ist und mir die nötige Kraft gibt, weiterhin an einen guten Ausgang zu glauben und jeden Tag hierherzukommen, um zu trainieren.“
Man ahnt: Cacau hat schon ganz andere Krisen überstanden. Seine alleinerziehende Mutter zog ihn und zwei Brüder auf. In Brasilien war er als Fußballer schon durch den Rost gefallen, als er 1999 mit einer Tanzgruppe nach Deutschland kam. Cacau biss weiter auf die Zähne. Über den Landesligisten Türkgücü München und das Amateurteam des 1. FC Nürnberg kämpfte sich der heute 31-Jährige nach oben. Der Lohn: Meister 2007 mit dem VfB und WM-Dritter 2010 mit dem DFB.
„Solche Situationen sind immer schwer“, beschreibt Labbadia Cacaus Kampf in der Rehabilitation. „Es tut als Spieler weh, wenn man sieht, wie die Mannschaft jeden Tag trainiert.“ Und dann auch noch auf dem heiß geliebten internationalen Parkett ums Weiterkommen kämpft.
Cacau schuftet jedoch auch. Im Reha-Zentrum des VfB macht der Hobby-Gitarrenspieler und Vater dreier Kinder - erst im Oktober brachte Frau Tamara Söhnchen Davi zur Welt - wegen der Schiene an seinem linken Bein vor allem viel für die Muskulatur.
Die kommenden zwei, drei Wochen müssen die Stuttgarter noch abwarten, bevor wohl endgültig abzusehen ist, ob die konservative Behandlung bei Cacau anschlägt. Er selbst will derzeit keine Wasserstandsmeldungen zu seiner Gesundheit abgeben. Im VfB-Interview erklärte er aber: „Ich gehe davon aus, dass mein Knie nicht operiert wird.“ Ein Optimist eben, dieser Cacau.