Christian Gentner: Pfiffe der Fans, Hilfe vom Club

Stuttgart (dpa) - Im Frühjahr 2010 war die Fußball-Welt des Christian Gentner noch wunderschön. Als Stammspieler der Wolfsburger Meister-Mannschaft gehörte er zum WM-Kandidatenkreis von Joachim Löw.

Doch nach seiner Rückkehr im vergangenen Jahr zum VfB Stuttgart ist vieles anders:

Als Hoffnungsträger bei seinem Ausbildungs- und Herzensclub verpflichtet, ist er dort nicht mal mehr Stammspieler und von der Nationalelf weiter weg als der VfB von der deutschen Meisterschaft. Vorläufiger Tiefpunkt: Pfiffe der eigenen Fans gegen den 26-Jährigen beim 3:0-Heimsieg gegen Hannover 96 am vergangenen Wochenende.

Allerdings sehr zum Ärger von Trainer Bruno Labbadia und Manager Fredi Bobic. „Unverschämtheit! Das verstehe ich null“, schimpfte Bobic. „Gerade in Stuttgart will man Spieler von hier. Mehr Eigengewächs als Gentner kann man gar nicht sein. Er identifiziert sich wie kaum ein anderer mit dem VfB“, sagte Labbadia über den geborenen Nürtinger, der mit dem VfB 2003 deutscher A-Jugend-Meister und dann 2007 als Ergänzungsspieler nationaler Champion wurde.

Mehr als ein Jahr nach seiner Rückkehr vom VfL Wolfsburg, wo er zum gestandenen Profi reifte und regelmäßig spielte, bleibt er in Stuttgart hinter den hohen Erwartungen noch immer weit zurück. Gentner selbst mag sich derzeit zu den Pfiffen bei seinen Fehlpässen und seiner Auswechselung nicht mehr äußern. „Ich weiß, dass nicht alles in Ordnung war, aber ich habe lange nicht mehr auf dieser Position gespielt“, bekannte er nach der Partie gegen Hannover, in der er im offensiven Mittelfeld agiert hatte.

Trösten kann er sich damit, dass zumindest die Wertschätzung des Vereins da ist. „Sein Bewegungsablauf sieht anders, eleganter aus. Aber was er macht, hat Hand und Fuß“, nimmt Labbadia den manchmal schlaksig wirkenden Techniker in Schutz. „Er strahlt Torgefahr aus und geht wichtige Wege für die Mannschaft, die nicht jeder sieht.“

Sucht man nach den Ursachen für Gentners Abstieg, stößt man vor allem auf eines: Pech. Zum einen die ständigen Verletzungen. Auch gegen 96 wurde er in der Pause wegen eines Schlags in die Rippen fit gespritzt - was das überkritische schwäbische Publikum nicht wusste.

Zum anderen gibt es beim VfB nicht die Position, auf der er in Wolfsburg zum fünffachen Nationalspieler wurde, nämlich den „Achter“, also die Halbposition in der Raute. Stattdessen wurde er noch in der Saisonvorbereitung unter Ex-Trainer Christian Gross sogar mal aus der Not in die Innenverteidigung gestellt. Für die offensive Außenposition scheint er nicht schnell genug. Und an der Doppel-Sechs William Kvist und Zdravko Kuzmanovic, die Labbadia jüngst als sein „Herzstück“ bezeichnete, kommt er derzeit nicht vorbei.

Besser passt zu ihm die offensive Mittelfeld-Rolle, die er dank Tamás Hajnals Formtief gegen Hannover erstmals spielte. Es könnte nun also wieder aufwärtsgehen für den heimatverbundenen Gentner, der aus einer Fußballerfamilie stammt und dessen Bruder Michael die B-Jugend des VfB trainiert. Loyal war er immer, beklagt hat er sich nie. Labbadia schätzt „Gente“ auch menschlich als „ungemein positiven Typen“. Gerade in der schwierigen Vorsaison habe er - auch als Verletzter auf der Bank - „enorm für Teamgeist gesorgt“.