Der Tabellenplatz von „Spitzenteam“ Hannover 96 täuscht
Hannover (dpa) - Ein einziges Wort reichte, um 96-Coach Tayfun Korkut zu reizen. „Spitzenmannschaft?“, sagte Hannovers Fußball-Lehrer, verzog dabei das Gesicht und schob hinterher: „Schon das Wort gefällt mir überhaupt nicht.“
Trotz drei weiterer Zähler und trotz des dritten Platzes in der Fußball-Bundesliga war Korkut weit entfernt von guter Laune. Vielmehr wirkte der 40-Jährige nach dem mühsamen 1:0-Sieg gegen den 1. FC Köln wie ein enttäuschter Verlierer.
Der Satz, der Korkuts Laune noch schlechter werden ließ, lautete: „Platz drei sieht gut aus, aber wie weit sind Sie wirklich von einer Spitzenmannschaft entfernt?“ Diese Frage wirkte wie eine Provokation. „Haben wir das Ziel Spitzenmannschaft zu sein, bloß weil wir zehn Punkte haben?“, fragte der Trainer genervt zurück und antwortete gleich selber: „Überhaupt nicht! In dieser Liga gibt es viele Spitzenmannschaften, ich glaube nicht, dass wir dazugehören.“
Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner wirkte entspannter und kleidete das Phänomen bei Sky in einen schönen Satz: „Wir stehen irgendwo zwischen Champions League und Abstieg.“ Der dritte Platz - sollte das wohl heißen - deutet auf einen internationalen Wettbewerb hin, aber tatsächlich sahen die beiden Spiele gegen die Aufsteiger Paderborn und Köln eher aus wie der Kampf um den Klassenerhalt.
Spielerisch hochwertig war vier Tage nach der 96-Niederlage in Paderborn vornehmlich der entscheidende Drehschuss von Joselu (6.). Ansonsten verdiente sich Hannover die Punkte gegen Köln mit einer beeindruckenden Laufleistung von zusammen 126,79 Kilometern und einem insgesamt überlegenen Zweikampfverhalten.
Auch wenn Köln in der zweiten Halbzeit mehr vom Spiel hatte und Hannover im eigenen Stadion in die eigene Hälfte drängte - erstklassige Einschussmöglichkeiten erspielte sich der Gast aus dem Rheinland kaum. Womöglich hatte Korkut aber die vereinzelten Pfiffe von den Tribünen im Kopf, als er sagte: „Wir müssen uns für diesen Sieg nicht schämen.“
Des Trainers schlechte Laune resultierte wahrscheinlich aus der gleichen Einschätzung, die Jörg Schmadtke formulierte. „Wenn die einen kriegen, dann kippen sie aus den Latschen“, sagte der ehemalige 96-Manager über die Schlussphase. Hannover wirkte in den letzten Minuten wie ein angeschlagener Boxer: Das 96-Team wankte, fiel aber nicht. Köln fehlte die Fähigkeit zum entscheidenden Punch.
Immerhin muss der deutsch-türkische Trainer vor der Rückkehr in seine Geburtsstadt Stuttgart die Spieler nicht überzeugen oder warnen. Die 96-Profis, die am Samstag beim VfB den ersten Auswärtssieg anstreben, zeigten nach dem Kampfspiel gegen Köln keine Anzeichen von Übermut. „Das einzig Gute ist, dass wir die drei Punkte haben“, kommentierte Leonardo Bittencourt: „Mit der Art und Weise können wir gar nicht zufrieden sein.“
Auch Torwart Ron-Robert Zieler fasste zusammen: „Es gibt nicht viel Positives.“ Aber mit einem ordentlichen Schuss Pragmatismus fügte der Torwart an: „Wir sind hier im Leistungssport, da sind die drei Punkte das Wichtigste.“