Deutschlandschreck Lippi als Hoffnung gegen Bayern
Agadir (dpa) - Chinas Mini-Hoffnung auf einen Sensationscoup gegen den FC Bayern ruhen vor allem auf Deutschlandschreck Marcello Lippi.
Als erster Trainer überhaupt hat Lippi die Titel in Europas und Asiens Champions League gewonnen - nun soll Italiens Weltmeistercoach bei der Club-WM mit Guangzhou Evergrande das schier Unmögliche gelingen. „Lippi wirkt Wunder, wenn er seine Truppen manövriert“, beschrieb Chinas bekannter Fußballkommentator Han Qiaosheng vor dem Halbfinale in Agadir den Einfluss des 65-Jährigen.
Bei der WM vor sieben Jahren hatte Lippis Squadra Azzurra das deutsche Sommermärchen im Halbfinale beendet, die Chancen im Duell mit den Münchnern schätzt der Weltklassetrainer nun realistisch ein: „Gegen Bayern werden wir von 100 Partien 99 verlieren und nur eins gewinnen, aber vielleicht passiert das im nächsten Spiel“, prophezeite Lippi. Die Münchner sind gewarnt. „Wir wollen erstmal hoffen, dass es nicht das eine Spiel von den 100 ist, welches wir verlieren“, sagte Nationaltorwart Manuel Neuer.
„Bayern ist eines der besten Teams der Welt. Gegen sie zu spielen, wird eine der größten Befriedigungen in meiner Karriere sein“, betonte Lippi. Diese Ankündigung darf auch als Koketterie verstanden werden. Als Lippi vor 19 Monaten den Verein aus der südchinesischen Metropole für rund zehn Millionen Euro Jahressalär übernahm, musste der fünfmalige Serie-A-Meistercoach niemanden mehr etwas beweisen.
Angetrieben von den immensen Investitionen des Immobilienriesen Evergrande führte er den „ersten asiatischen Superclub“ („The Guardian“) nicht nur zu den Landestiteln zwei und drei in Serie, sondern auch zur ersten kontinentalen Krone eines chinesischen Teams seit 1990. „Wir haben das alles sehr schnell auf die Beine gestellt, vor eineinhalb Jahren haben wir international noch nicht existiert“, analysierte Lippi den Aufschwung.
Obwohl zwischenzeitlich auch Bundesligaprofis wie Lucas Barrios oder auch Weltstars wie Didier Drogba (Shanghai Shenhua) in die Super League gelockt werden konnte, sieht Lippi seinen Sport in China allerdings immer noch im Anfangsstadium. „Der Fußball beginnt, sich zwischen Tischtennis und Badminton Platz zu schaffen, aber es liegt noch ein langer Weg vor ihm“, erklärte der Italiener, der in seinem Team auf drei Profis aus Südamerika setzt. „Es ist eine Frage der Fußball-Kultur. In China habe ich damit begonnen, das einzuführen, aber es braucht Zeit. (...) Mit 20 Jahren erst die Taktik zu lernen, ist viel Arbeit.“
Die Vereinsweltmeisterschaft wird dabei auch von den chinesischen Medien als wichtiger Entwicklungsschritt angesehen. Selbst die zentralen Abendnachrichten des Staatsfernsehens erwähnten den 2:0-Sieg im Viertelfinale gegen Al-Ahly Kairo und das bevorstehende Spiel gegen Bayern München.
In einem Kommentar warnte die Zeitung „Shenzhen Shangbao“ aber vor Überheblichkeit. „Wir verstehen, dass die Fans ihre Gefühle rauslassen wollen, nachdem sie so lange unterdrückt worden sind“, schrieb das Blatt, die Medien sollten den Erfolg jedoch nicht über alle Maßen loben. Der Auftaktsieg bei der Club-WM „ist nur eine Stimulanz für den leblosen chinesischen Fußball, um etwas Vitalität zurückzugewinnen“, hieß es. „Aber Adrenalin lässt sich nicht als Mahlzeit essen. Selbst die frühlingsähnliche Brise des Sieges in der Clubweltmeisterschaft kann den chinesischen Fußball im Winter nicht retten. Wenn das Lob zu groß ausfällt, werden wir eines Tages nur noch viel härter fallen.“