Fehlentscheidungen: Kritik an Schiedsrichtern wächst
Frankfurt/Main (dpa) - Der Deutsche Fußball-Bund, so hieß es jahrelang, hat die besten Schiedsrichter der Welt. Kurz vor Ende der Hinrunde stehen die Bundesliga-Referees jedoch massiv in der Kritik.
Aufreger am Wochenende war der Auftritt des Schiedsrichtergespanns um Thorsten Kinhöfer in Hannover, das die abstiegsbedrohten Nürnberger schier um den Verstand brachte. In ihrem erstmaligen Winter-Trainingslager auf Mallorca vom 13. bis 19. Januar haben die Unparteiischen unter der Leitung des DFB-Verantwortlichen Herbert Fandel jedenfalls einiges aufzuarbeiten.
Der Vorsitzende der Schiedsrichterkommission will erst nach dem letzten Vorrunden-Spieltag eine Zwischenbilanz ziehen. Auf Mallorca stehen neben Leistungstests auch Videoanalysen von Spielsituationen aus der Hinrunde an. Nach Angaben des Fachmagazins „Kicker“ lag der Notenschnitt der Spitzenreferees in den bisher 16 Spieltagen auf ähnlichem Niveau wie in den Vorjahren. Allerdings war so manche Fehlentscheidung spektakulär.
Selbst Felix Brych blieb davon nicht verschont. Der FIFA-Referee aus München, neben Wolfgang Stark (Ergolding) WM-Kandidat für Brasilien 2014, ließ das berühmte „Phantomtor“ von Leverkusens Stefan Kießling in Hoffenheim zu. Dabei war die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol schon gestraft genug mit Kinhöfers nicht anerkanntem Tor von Kevin Volland am ersten Spieltag beim 2:2 gegen Nürnberg, als der Ball klar hinter der Linie war.
Diskussionen um Handelfmeter gab es auch immer wieder - und natürlich die stets wiederkehrende Debatte ums Abseits. Die abstiegsbedrohten Nürnberger fühlten sich in Hannover betrogen, als Assistent Detlef Scheppe nicht erkannte, dass Torschütze Mame Diouf beim Anschlusstreffer zum 2:3 klar im Abseits stand. „Jedes Kind, sogar jedes Baby“, tobte „Club“-Profi Mike Frantz, hätte das gesehen. Und dann entschied Kinhöfer vor dem 3:3 noch zu Unrecht auf Freistoß. Kein Wunder, dass Raphael Schäfer tobte: „Wir sind betrogen worden.“ Kinhöfer räumte zumindest einen Patzer beim 2:3 ein: „Ich ärgere mich maßlos, das war ein eindeutiger Fehler von uns.“
Beim 1:0-Sieg von Eintracht Frankfurt machte WM- und EM-Spielleiter Stark zwar keinen entscheidenden, aber einige kleine Fehler. Bayer-Sportdirektor Rudi Völler meinte vor dem Hintergrund der Szenen in Hannover zu Starks Leistung: „Nach dem, was wir gestern gesehen haben, muss man nichts mehr sagen.“
Die Torlinientechnologie könnte den Schiedsrichtern vor allem bei „Wembley-Toren“ wie beim Derby Hoffenheim - Freiburg und in der Partie Mönchengladbach - Nürnberg helfen. Nach den hitzigen Debatten will die Deutsche Fußball Liga (DFL) nun schon im Frühjahr 2014 eine Grundsatzentscheidung über die Einführung herbeiführen.
Trotz vieler Aufreger geht die Meinung der Trainer und Manager da immer noch auseinander. „Ich bin ein Gegner der Torlinientechnik. Je mehr Technik wir einführen, desto weniger wird es der Fußball, den wir lieben“, sagte Wolfsburgs Chefcoach Dieter Hecking. Stuttgarts Manager Fredi Bobic hatte sich beim 1:3 des VfB in Wolfsburg fürchterlich darüber aufgeregt, dass der Unparteiische Deniz Aytekin ein vermeintliches Tor von Timo Werner nicht gab. Nach dem Abpfiff erklärte Bobic aber, dass er die Torlinientechnologie nicht haben will: „Ich persönlich mag das Spiel so, wie es ist.“
HSV-Sportdirektor Oliver Kreuzer ist dafür, den Unparteiischen die Arbeit durch Torlinientechnologie zu erleichtern. „Veränderungen zu den Vorjahren in den Leistungen der Schiedsrichter sehe ich nicht“, erklärte er. „Die Diskussion ist natürlich durch einige Entscheidungen am vergangenen Wochenende belebt worden, da hatten sie im Kollektiv nicht ihren besten Tag. Aber insgesamt gibt es keine Verschlechterungen.“