Die kessen Darmstädter: Einmal Durchwischen für Pep
Darmstadt (dpa) - Als Bayern München zum letzten Mal am Böllenfalltor antrat, war der SV Darmstadt 98 pleite. So pleite, dass der damalige Viertligist über Ebay sogar einen Platz in der Aufstellung für das Benefizspiel versteigerte, um ein paar Euro mehr in die Kasse zu spülen.
Doch die Benefizpartie im Mai 2008 wurde ein Grundstein der unglaublichen Entwicklung der Südhessen. „Ohne dieses Spiel würde das Spiel am Samstag nicht stattfinden“, sagt Trainer Dirk Schuster heute. Erstmals seit über 33 Jahren treffen beide Vereine wieder in der Fußball-Bundesliga aufeinander.
Für die „Lilien“ ist die Begegnung gegen den FC Bayern das Spiel des Jahres. Die Partie ist seit Wochen mit 17 000 Zuschauern ausverkauft. Um eine der 3000 Restkarten zu ergattern, hatten die Fans Ende August sogar vor dem Stadion übernachtet. Innerhalb von 90 Minuten waren alle Tickets weg. Einen besonderen Ausnahmezustand stellt Schuster in der Stadt trotzdem nicht fest: „Hier herrscht seit eineinhalb Jahren eine Riesen-Euphorie.“
Es ist auch ein Spiel der Gegensätze. Auf der einen Seite der Rekordmeister mit dem schicken Stadion, der ultramodernen Infrastruktur und einem Etat, der ungefähr zehnmal so hoch ist wie der der Darmstädter.
Auf der anderen Seite einer der größten Underdogs der Bundesliga-Geschichte, der sich selbst den Leitsatz „Aus Tradition anders“ verpasst hat. Mit minimalen finanziellen und personellen Möglichkeiten gelang den Südhessen in den vergangenen Jahren quasi der Durchmarsch von der vierten Liga ins Oberhaus. Scheinbar gescheiterte Spieler brachte Schuster zurück in die Spur und formte mit ihnen eine eingeschworene Gemeinschaft.
Der sportliche Erfolg kam so schnell, dass die Infrastruktur nicht mitwachsen konnte. Das ehrwürdige Stadion am Böllenfalltor ist zwar Kult, aber auch marode, ja an manchen Stellen auch ein wenig unappetitlich. „Wenn der Pep (Guardiola) kommt, werden wir hier schon noch mal durchwischen“, versprach Vereinspräsident Rüdiger Fritsch im Freudentaumel nach dem Bundesliga-Aufstieg. Er glaube schon, dass der Präsident „mit seinem Eimerchen und seinem Putzlappen“ kommen werde, um sein Wort zu halten, sagte Schuster mit verschmitztem Lächeln in der Pressekonferenz vor dem Spiel.
Um gegen die laut Schuster „beste deutsche Mannschaft, vielleicht sogar weltweit“ zu bestehen, werden sich die „Lilien“ wieder auf kämpferische Tugenden und mannschaftliche Geschlossenheit besinnen müssen. „Der Respekt vor den Bayern ist riesig, aber wir werden nicht mit Angst ins Spiel gehen“, kündigte Schuster an. „Wir wollen die Bayern ein bisschen ärgern.“
Das Ärgern gelang Darmstadt auch beim Benefizspiel vor gut sieben Jahren. Zeitweise führten sie sogar - am Ende eines furiosen Abends gewannen die Bayern jedoch mit 11:5. Dieses Ergebnis ist diesmal eher unwahrscheinlich, auch weil man in Darmstadt die Kaderplätze inzwischen nicht mehr im Internet versteigert.
Ein Erwachen nach dem Traumstart mit vier Spielen ohne Niederlage ist aber gut möglich. Mittelfeld-Spieler Florian Jungwirth hatte bereits nach dem Bundesliga-Aufstieg im Mai prophezeit: „Wahrscheinlich werden wir erst merken, was passiert ist, wenn uns Arjen Robben sieben Knoten in die Beine gespielt hat.“ Zwar wird Robben den Bayern aller Voraussicht nach verletzt fehlen - aber dennoch gibt sich Schuster demütig: „Es wäre die normalste Sache der Welt, wenn die Bayern mit drei Punkten mehr auf dem Konto die Heimreise antreten.“