Die Köpfe der 48. Bundesliga-Saison

Berlin (dpa) - Wer hat die 48. Saison der Fußball-Bundesliga geprägt? Die Nachrichtenagentur dpa präsentiert zum Abschluss noch einmal die wichtigsten Protagonisten:

TITANISCH UND TEUER: Torwart-Star Manuel Neuer - die deutsche Nummer 1 war die herausragende Konstante im Schalker Team, das im DFB-Pokal und der Champions League überzeugte, in der Liga maßlos enttäuschte. Ob gegen den BVB oder Manchester - Neuer war Weltklasse und bewahrte sein Team davor, ernsthaft in Abstiegsgefahr zu geraten. Nicht nur für „Kaiser“ Franz Beckenbauer ist er der „beste Torhüter der Welt“. Und so blättern die Bayern bis zu 25 Millionen Euro für den 25-Jährigen hin. Der Deal steht vor dem Abschluss - und das Gelsenkirchener Idol verlässt nach 20 Jahren unter Tränen seinen Heimatclub. Zuvor will Neuer in Berlin noch den „Pott“ hochrecken.

VERSENKT UND VERSAGT: Der Abstieg von Theofanis Gekas vom Knipser zum Chancentod hat Eintracht Frankfurt in die Zweitliga-Tiefe gerissen. Selten hat die persönliche Krise eines Spielers solch gravierende Auswirkungen auf eine Mannschaft gehabt wie bei dem Griechen, der die Frankfurter mit 14 Hinrundentoren zur Halbzeit von der europäischen Fußball-Bühne träumen ließ. Nach der Winterpause traf Gekas nur noch zweimal - beim einzigen Rückrundensieg gegen Mitabsteiger St. Pauli (2:1). Obwohl er oftmals wie ein Fremdkörper wirkte, blieb Gekas bis zum bitteren Ende erste Wahl im Sturm der Frankfurter. Die gingen mit ihrem verhinderten Torjäger unter.

ENTZAUBERT UND ENTLASSEN: Als „Fachmann und Fußball-Lehrer“ wurde Louis van Gaal nach dem gescheiterten Klinsmann-Experiment angepriesen, als „Feierbiest“ nach dem Double-Gewinn und dem Erreichen des Champions-League-Finals bejubelt. Groß war die Hoffnung auf eine erfolgreiche Ära. Aber dann musste der „allwissende“ Niederländer doch vorzeitig gehen. Ärger mit der Chef-Etage, ausbleibender Erfolg im zweiten Jahr und vermehrte Klagen aus der Mannschaft. Das war's für den 59-Jährigen. Der „warme Mantel“ aus seiner Antrittsrede vom 1. Juli 2009 passte am Ende gar nicht mehr. Die Trennung war „100 Prozent richtig“, versicherte Präsident Hoeneß - nur vielleicht ein „bisschen zu spät“.

AUSGETEILT UND ABGETRETEN: Motzki Frank Rost ist mit 37 Jahren nicht zu alt für die Bundesliga, nach einer chaotischen Saison beim Hamburger SV verscherzte er sich einen neuen Vertrag aber mit kritischen Äußerungen in Richtung Verein und Mannschaft. „Danke Frank - Forever Number 1“ stand auf einem der vielen Plakate, die die HSV-Fans am Samstag zum Abschied für ihn gemalt hatten. 148 Spiele hat der Sachse für den HSV seit Januar 2007 im Tor gestanden, zuvor war er beim FC Schalke 04 und Werder Bremen in der Bundesliga. Ein Blatt vor den Mund genommen hat Rost nie, war im Umgang mit jungen Kollegen stets ein Vorbild, manchmal aber auch gefürchtet.

ALT UND AUSGEDRIBBELT: Zé Roberto verlässt als Rekord-Ausländer nach 336 Bundesliga-Einsätzen in 13 Jahren die Bundesliga. Angeblich sei es in den Verhandlungen mit dem Vorstand nie um Geld gegangen, er wollte für seine Familie Gewissheit und einen Zweijahresvertrag. Nun könnte es in die Heimat zurückgehen. Trainer Michael Oenning schätzte den Filigrantechniker trotz seiner 36 Jahre und wollte ein neues junges Team um ihn herum aufbauen. Zé Roberto, der zuvor mit Bayern München Titel sammelte und bei Bayer Leverkusen spielte, war aber zu keinerlei Kompromissen bereit. Immerhin schaffte es der HSV mit ihm 2010 bis ins Halbfinale der Europa League.

ABGESTIEGEN UND ANGEHIMMELT: Aufstiegs-Held Holger Stanislawski verlässt den FC St. Pauli nach 18 Jahren als Verteidiger, Funktionär und Trainer genau zum richtigen Zeitpunkt. In einer bewegenden Abschiedspressekonferenz verabschiedete sich der Übungsleiter tränenreich von alten Gefährten: „Ich werden den Totenkopf immer im Herzen tragen“, sagte er. Eine lebenslange Dauerkarte und die Zusicherung, dass sein Trikot mit der Nummer 21 nie wieder vergeben wird, bekam der Hamburger als Dank. In den turbulenten Monaten im Abstiegskampf verlor er acht Kilo. Mit Hoffenheim bleibt der Jahrgangsbeste des DFB-Trainerlehrgangs erstklassig.

EGOISTISCH UND EFFIZIENT: Lange sah es so aus, dass sich Freiburgs Torjäger Papiss Cissé sogar die Torjägerkrone aufsetzen könnte. Solange, bis der FC Bayern Mario Gomez wiederentdeckte. So bleibt dem Senegalesen mit 22 Toren „nur“ der Rekord als treffsicherster Afrikaner der Liga-Geschichte. Er war für mehr als jedes zweite Freiburger Tor verantwortlich, legte selbst aber nur ein einziges Mal auf. Auch deshalb hängt dem 25-Jährigen ein wenig der Ruf des Egoisten an. Und doch: Er beeindruckte und überraschte alle. Im Winter wollte ihn der VfL Wolfsburg. Jetzt sollen für den Stürmer Angebote aus England vorliegen. Bleibt abzuwarten, wann sie im Breisgau schwach werden.

GEFEUERT UND GEFEIERT: Als Schalker Vize-Meister gestartet, als Wolfsburger Fast-Absteiger geendet. Der Blitz-Wechsel von Felix Magath im März aus Gelsenkirchen zu seiner alten Liebe Wolfsburg sorgte für Wirbel. Der auf Schalke in Ungnade gefallene und geschasste Magath wurde beim strauchelnden VfL mit offenen Armen empfangen und verteidigte sich. „Der einzige, der damit ein Problem hat, bin doch ich“, sagte der VfL-Meistercoach von 2009. Der Erfolgscoach im Abstiegskampf: Magath setzte seinen Ruf aufs Spiel. Als Spieler und Trainer stieg der Ex-Nationalspieler nie ab. Das blieb auch so. 21 Minuten lang stand der VfL am Samstag in Liga zwei, am Ende jubelte Magath erneut. „So eine turbulente Saison habe ich noch nie erlebt“, sagte er nach dem Herzschlagfinale.

ABSERVIERT UND ABGETAUCHT: Von Volkswagen geholt, um den Meister von 2009 dauerhaft in der Champions League zu etablieren: Am Ende scheiterte Dieter Hoeneß beim VfL Wolfsburg kläglich. Als der VfL trotz der ligaweit größten Investitionen gar scheinbar unaufhaltsam Richtung Abstieg taumelte, reichte es dem Mutterkonzern. VW griff zur Radikallösung, holte Meistercoach Felix Magath zurück und rasierte Hoeneß. Der verabschiedete sich heimlich, still und leise. Magath ließ keine Möglichkeit aus, auf strategische Fehler von Hoeneß bei der Kaderplanung hinzuweisen. Von Hoeneß war nichts mehr zu hören. Eine Rückkehr als Bundesliga-Manager ist derzeit äußerst ungewiss.

VERGÖTTERT UND VERKAUFT: Fast vier Jahre lang verzauberte er die Bundesliga, am Ende wollte er einfach nur noch weg. Bereits 2009 nach dem überraschenden Titel mit Wolfsburg wäre Edin Dzeko gerne ins Ausland gegangen. Er blieb, ließ sich aber nie hängen. Der bosnische Musterprofi ragte aus einem immer schlechter werdenden VfL-Team heraus und machte das, was er am besten kann: Tore schießen. Als die Wolfsburger Saison bereits im Winter völlig verkorkst war, hatte der damalige Manager Dieter Hoeneß ein Einsehen und erteilte dem Weltklasse-Stürmer die Freigabe. Für 35 Millionen Euro wechselte Dzeko zu Manchester City: Bundesliga-Rekord. In England muss er sich erst noch akklimatisieren. Der Rekord-Mann schoss in 19 Spielen fünf Tore. In Wolfsburg blieb er mit zehn Treffern trotz seines Abgangs im Winter bester Saisontorschütze.

BEGNADET UND BEGEHRT: Der Dortmunder Mario Götze ist der Senkrechtstarter der Saison. Seinen ursprünglichen Plan, den erst 18- Jährigen behutsam in den Profi-Fußball einzugliedern, ließ BVB-Coach Klopp schon früh fallen. Seit dem 10. Spieltag, als der BVB dank des überragenden Götze das Spitzenspiel in Mainz gewann, stand der hochbegabte Professorensohn stets in der Startformation des deutschen Meisters. Mit brillanter Übersicht, sehenswerter Technik und taktischer Disziplin begeisterte Götze nicht nur die heimischen Fans, sondern auch Bundestrainer Löw. Als siebtjüngster Spieler gab Götze beim 0:0 gegen Schweden im November seinen Einstand in der Nationalmannschaft.