Leverkusen feiert Platz 2 und scheidenden Heynckes

Freiburg (dpa) - Jahrelang war „Vizekusen“ nur ein Spottbegriff für Bayer Leverkusen. Da steckte ungefähr so viel Häme drin wie in dem Sprichwort, dass Schotten oder Österreicher von einer WM stets früher nach Hause kommen als ihre Postkarten.

Nach dem 1:0 (1:0) beim SC Freiburg aber hat der Verein einen zweiten Platz zum ersten Mal so richtig gefeiert - mit eigens angefertigten T-Shirts, wilden Tänzen vor dem Fanblock und lauten Ovationen für seinen scheidenden Trainer Jupp Heynckes.

Die Werkself hat sich durch diesen Sieg direkt für die Champions League qualifiziert. Und nebenbei auch noch das Vorurteil widerlegt, dass sie in wichtigen Spielen nicht anders kann, als die Nerven zu verlieren. „Es gibt zweite Plätze, die sind nicht so schön“, sagte Sportdirektor Rudi Völler. „Aber dass wir hier ein richtiges Endspiel gewonnen haben, tut dem ganzen Verein und der Mannschaft gut.“

Auch Heynckes spielte auf die vielen Traumata der Bayer-Geschichte an. „Jetzt braucht niemand mehr darüber zu reden, dass diese Spielergeneration mit den Mannschaften von 2000 und 2002 vergleichbar ist“, meinte er. „Heute hat man gesehen, zu was wir in der Lage sind. Die Mannschaft ist reifer, cooler und selbstbewusster geworden.“

Der 66-Jährige stand vor und nach seinem letzten Spiel als Bayer-Coach besonders im Blickpunkt. Selbst bei einer Leverkusener Niederlage wäre Heynckes eine Art Gewinner gewesen. Dann wäre sein neuer Verein Bayern München direkt in die Champions League eingezogen. So hatte das Eigentor von Cedrick Makiadi (45.) auch einen angenehmen Nebeneffekt für den Freiburger Trainer Robin Dutt. Der wird Heynckes bei Bayer 04 beerben und mit dem Vizemeister nun gleich in der Gruppenphase der „Königsklasse“ einsteigen.

„Es war nicht einfach, heute eine solche Top-Leistung zu zeigen“, sagte Heynckes. Doch den künftigen Münchener freuten auch noch zwei weitere Dinge: Dass er einen bewegenden Abschied feiern konnte und in Leverkusen ein vielversprechend bestelltes Feld hinterlässt.

Jeden einzelnen seiner Spieler nahm Heynckes nach der Partie in den Arm. Er wollte den Platz schon verlassen, da riefen ihn die in der Vorwoche noch so kritischen Fans zur „La Ola“ zurück. „Er wollte da erst nicht hin, aber ich habe ihn überredet. Ich bin ja auch jünger und stärker als er“, sagte Völler, ehe er ganz grundsätzlich festhielt: „Wir hatten zwei tolle Jahre mit ihm. Wer am Ende vor Bayern München steht, muss eine sehr gute Saison gespielt haben.“

Obwohl die Bayern ihr Interesse an Balleroberer Arturo Vidal nun auch offiziell bestätigten, hat Leverkusen einen Großteil seines hoch veranlagten Kaders für die kommende Saison bereits zusammen. Mit André Schürrle (Mainz), Karim Bellarabi (Braunschweig) und Ömer Toprak (Freiburg) stehen schon drei Neuzugänge fest. Der Verein profitiert auch davon, dass der Unterschied zwischen Platz zwei und drei rund sieben Millionen Euro beträgt, wenn man ihn an den Markt-Pool-Einnahmen der „Königsklasse“ festmacht. „Wir wollen uns in der Champions League gut verkaufen und in der Bundesliga wieder unter die ersten Vier kommen“, meinte Völler entsprechend zuversichtlich.

Auch Heynckes ist sich sicher, dass Dutt „das große Los gezogen hat. Er wird eine absolute Top-Truppe übernehmen“. Der 46-Jährige wurde in Freiburg ebenfalls mit donnerndem Applaus und großen Emotionen verabschiedet. „Es bedeutet mir sehr viel, dass ich hier so positiv weggehen kann. Sonst verlassen Trainer einen Verein ja häufig durch die Hintertür“, sagte Dutt. Er hinterlässt ein Team, das mit Platz neun die beste Freiburger Bundesliga-Platzierung seit 2001 erreichte und seinem zukünftigen Club noch einmal alles abverlangte. Und an die Adresse von Heynckes meinte er: „Du hast die Latte sportlich wie menschlich sehr hochgelegt für deinen Nachfolger.“