Empörter HSV-Boss für Konsequenzen im Aufsichtsrat
Hamburg (dpa) - Von wegen hanseatisch vornehm: Beim Hamburger SV gehen die Ränkespiele munter weiter.
Während die Mannschaft des Bundesliga-Traditionsclubs im fernen Zillertal versucht, sich in Ruhe auf die neue Fußball-Saison vorzubereiten, haben in der Heimat die anhaltenden internen Auseinandersetzungen um Macht und Eitelkeiten den nächsten Höhepunkt erreicht. Gegenüber stehen sich erneut Vorstand und Aufsichtsrat, in dem schon lange ein „Maulwurf“ vermutet wird. Auf die neuerliche Indiskretion durch einen veröffentlichten Vorstandsbrief an die elf Räte reagierte Carl Edgar Jarchow empört und forderte erstmals offen Konsequenzen ein.
„Ich bin erschüttert über die Chuzpe, dass immer wieder Interna nach außen gelangen. Damit schadet man ganz klar dem Verein. Jeder sagt, es geht nur um den HSV, in Wirklichkeit geht es dem- oder denjenigen aber um eigene Interessen“, sagte der Vorstandschef der Nachrichtenagentur dpa. „Ich erwarte eigentlich, dass dieses Gremium nun daraus mal Konsequenzen zieht, auch juristisch.“
Jarchow reagierte damit auf ein im Magazin „Sport Bild“ abgedrucktes Schreiben, in dem der Vorstand dem Aufsichtsrat gezielt geschäftsschädigendes Verhalten vorwirft. Der Brief war am Abend des 3. Juli an die elf Räte verschickt worden. An dem Tag wurden etliche Details zur Finanzlage des klammen Bundesliga-Dinos aus einer Sitzung mit Vorstand und Aufsichtsrat vom 1. Juli via „Bild“-Zeitung publik. Sogar Aufsichtsratschef Manfred Ertel sucht seither den Ausplauderer aus den zum wiederholten Mal uneins agierenden eigenen Reihen.
Derartige Indiskretionen seien „unfair, extrem vereinsschädigend und verdienen die Rote Karte“, klagte Ertel damals an. „Die aktuelle Berichterstattung, die auf dem vollständig unprofessionellen und unseriösen Verhalten von Aufsichtsratsmitgliedern fußt, ist für den HSV sowohl ruf- als auch geschäftsschädigend“, heißt es in dem Vorstandsschreiben. Es seien „irreführende Zahlen“ zur Finanzlage in die Welt gesetzt sowie von einem „neuen Millionen-Loch“ und einem „Transfer-Stopp“ berichtet worden. „Alles Quatsch“, ergänzte Jarchow.
„Das alles hilft nicht bei Gesprächen mit potenziellen Sponsoren, mit neuen Spielern und auch nicht beim Verkauf von Hospitality“, kritisierte Jarchow, der allerdings einräumt, dass der HSV nicht auf Rosen gebettet sei. „Aber wir schaffen es immer, den Eindruck zu erwecken, als wären wir total pleite. Dabei haben wir weniger Schulden als Schalke oder andere Erstligisten.“
Fest steht, dass der HSV nach 2010/11 (4,9) und 2011/12 (6,6) zum dritten Mal in Serie ein Geschäftsjahr mit einem Millionen-Defizit abschließen wird. Um die Finanzsituation zu verbessern, hat Sportchef Oliver Kreuzer den klaren Auftrag, nach fünf Neuverpflichtungen nun durch Transfers den Gehaltsetat von derzeit 48 auf unter 40 Millionen Euro zu senken.
Marcus Berg (Panathinaikos Athen) ist schon weg, nun steht das Quintett Michael Mancienne, Robert Tesche, Paul Scharner, Slobodan Rajkovic und Gojko Kacar zum Verkauf. Allein an Gehalt könnte der HSV rund acht Millionen Euro auf diesem Wege einsparen, wenn Kreuzer denn Käufer findet. Jarchow ist zuversichtlich: „Wir werden es schaffen, den Kader und damit die Kosten deutlich zu reduzieren.“