England oder nix: Guardiola braucht „neue Herausforderung“
München (dpa) - Bye bye Bayern - den rastlosen Startrainer Pep Guardiola treibt sein kühl kalkulierter Karriereplan in die reichste Liga der Welt.
Im Kampf um den weltweit begehrten Spanier hatte selbst Deutschlands Fußballgigant FC Bayern keine Chance gegen die sportlichen und auch wirtschaftlichen Verlockungen in England. Das nächste Großprojekt treibt den Getriebenen nach drei Spielzeiten in München weiter. „Der einzige Grund, warum ich meinen Vertrag nicht verlängert habe, ist: Ich will in England in der Premier League trainieren“, verkündete Guardiola.
Der in Kürze 45-Jährige wirkte bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem vor Weihnachten bekanntgemachten Bayern-Abschied im Sommer gelöst, ja beinahe befreit. Der nach außen so verschlossene Katalane gewährte sogar Einblicke in sein Innenleben. Der Kosmopolit muss weiter, nach vier super, super, super erfolgreichen Jahren beim FC Barcelona und einem noch nicht super, super guten Dreijahresstopp in München benötigt der Rastlose neue Impulse in einem neuen Land, einer neuen Liga, bei einem neuen Arbeitgeber. Der Abnutzungseffekt wirkt bei einem Extremtrainer wie ihm enorm. „Drei Jahre in einem großen Verein sind genug, denke ich. Ich mag neue Restaurants, eine neue Stadt, neue Personen, neue Stadien. Ich bin kein Trainer, der 30 Jahre bei einem Club bleibt“, zählte der Katalane einige Gründe auf.
Dass auf Barcelona und Bayern als dritter Topverein in seiner Trainerlaufbahn Manchester City folgt, konnte oder wollte Guardiola noch nicht bestätigen. „Ich habe verschiedene Angebote, aber mich noch nicht entschieden“, sagte er. Auch Manchester United oder der FC Chelsea kämen als attraktive Alternativen infrage. Neben Ruhm und Geld treiben Guardiola auch sein Ehrgeiz und das Ego an, seinen Dominanz-Fußball auch in England durchzusetzen. „Ich weiß, es ist ein Risiko für mich“, räumte er ein - aber: „That's, why I like it!“
Auf der Zielgeraden in München sieht er für sich keine Risiken. Einen Autoritätsverlust befürchtet er nicht, weil er „keine Zweifel“ hege, dass die Spieler weiterhin „das Beste für sich und den Verein“ geben werden. Und auch er werde „bis zum letzten Tag das Beste“ geben. Große Aufgaben, große Ziele warten. Und das allerletzte Spiel soll das Champions-League-Finale am 28. Mai in Mailand sein, auch wenn Guardiola weder den Triumph in der Königsklasse noch das Triple als persönliche Messlatte ausgeben mochte. Er könne verstehen, dass seine Zeit in München ohne einen Champions-League-Titel nicht als perfekt angesehen würde. „Aber ich kann mit diesem Druck leben.“
Von 51 Hinrundenspielen mit dem FC Bayern in der Bundesliga nur eines verloren zu haben, „das ist großartiger als die Champions League“, verkündete Guardiola. Demonstrativ machte sich der weltberühmte Katalane am Montag klein hinter Bayern-Trainerlegenden wie Jupp Heynckes, Ottmar Hitzfeld oder Udo Lattek: „Ich werde ein kleiner Teil der großen Geschichte dieses Vereins sein.“
Den großen Wurf zum Abschied wird er trotzdem mit aller Kraft anstreben. Er möchte seinem Nachfolger Carlo Ancelotti nicht nur „eine tolle Mannschaft“ hinterlassen, sondern auch ein möglichst großes Erbe, ähnlich wie es bei ihm 2013 bei Jupp Heynckes mit dem Triple (Meisterschaft, Pokalsieg, Champions League) der Fall war. Der Italiener sei „perfekt für den Verein“, sagte Guardiola. Die rasche Regelung der Trainerfrage begrüßte er: „Es ist gut, dass schon ein Nachfolger feststeht.“
Alle Kräfte können Verein, Trainer und Mannschaft nun für den Großangriff auf drei Trophäen konzentrieren. Die Grundlagen sollen von Mittwoch an wieder in Katar geschaffen werden, wo der FC Bayern allen politischen Vorwürfen zum Trotz zum sechsten Mal nacheinander sein Wintercamp bezieht. Die ehrgeizigen Ziele der Mannschaft mit Noch-Chef Guardiola formulierte David Alaba: „Wir wollen am Ende ganz oben stehen.“ Und das nicht nur wieder in der Bundesliga.
Nach Doha reist der gesamte Kader mit. Auch die noch verletzten Franck Ribéry und Medhi Benatia sowie Weltmeister Mario Götze (Aufbautraining) sollen mitfliegen. Am Persischen Golf wird Guardiola womöglich sogar Zeit dafür finden, den Bayern-Profis „in drei oder fünf Minuten“ zu begründen, warum er seine Zukunft nicht über die Saison hinaus bei ihnen, sondern in England sieht.