Erst Klassenverbleib, dann zur WM - Adler kämpft
Hamburg (dpa) - René Adler hat schon viele kritische Situationen gemeistert. Die Rippenverletzung, die seine Reise als Deutschlands Nummer 1 im Tor zur Fußball-WM 2010 in Südafrika verhinderte, und die Ausbootung bei Bayer Leverkusen waren die bisher härtesten Prüfungen für den 29-Jährigen.
Nun kämpft er mit dem Hamburger SV gegen den Abstieg. Für ihn geht es dabei um viel: Sollte der HSV erstmals die Bundesliga verlassen, könnte er erneut eine WM verpassen.
Und lange wirkte der ambitionierte Nationalkeeper wie ruhender Pol im Ringen um die Erstliga-Existenz. Doch beim 2:1 gegen Bayer Leverkusen war auch ihm die Nervenanspannung anzumerken, als er einen Ball von Bayer-Talent Julian Brandt über die Hände rutschen ließ zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Wie gereift der gebürtige Leipziger ist, zeigte er aber in der Folgezeit, als er mehrmals seine Klasse bewies.
„Der Abstiegskampf ist extrem hart, ich hätte mir das gern erspart“, sagt Adler. Er hat jedoch gelernt, die Realitäten anzunehmen. So verwundert auch nicht die Aussage: „Wenn wir am Ende 16. sind, würde ich sagen, ist das okay.“ Zumindest für einen Tag durfte er nach dem Sieg gegen Bayer sogar das Gefühl genießen, auf Rang 15 zu stehen.
Adler lobt die harte Arbeit unter Mirko Slomka. Den soundsovielten Mannschaftsabend brauche der HSV nicht, in der Mannschaft stimme es. „Es geht darum, den Glauben zu behalten. Wenn man den Kopf verliert, bewirkt es das Gegenteil.“ Coach Slomka lobt die vorbildliche Rolle seines Schlussmannes: „Ich kenne keinen konstanteren Torhüter in den letzten Wochen, Manuel Neuer vielleicht ausgenommen.“
Schaffen Slomka und Adler den Turnaround mit dem Bundesliga-Dino aber nicht, werden beide wohl zu kostspielig für die 2. Liga. Mit einem Jahresgehalt von 2,8 Millionen Euro ist Adler schlicht zu teuer, wenn der HSV seine hohen Kosten von immer noch 40 Millionen Euro für die Mannschaft drastisch senken muss. Für den Hamburg-Liebhaber, dessen Vertrag bis 2017 läuft, könnten die Norddeutschen eine Ablöse kassieren. Privat möchte er aber gern an der Alster bleiben. Mit Lebensgefährtin und Hund hat er sich für eine längere Zeit eingerichtet.
Genau so schlimm wie ein erneuter Ortswechsel wäre für den Bodenständigen das Verpassen des Brasilien-Trips im Sommer. Die Fußball-WM ist sein großes Ziel. „Die Hoffnung war nie weg“, betont er. Eine Knöchelverletzung im Winter warf ihn einige Wochen zurück, er kam dann zu früh zurück und leistete sich einige Patzer. Adler gibt zu, dass Druck im Abstiegskampf Substanz kostet.
In vielen Extraschichten holte der Trainingseifrige die verpasste Vorbereitung auf. Er ließ nichts unversucht, arbeitete im Universitätsklinikum Eppendorf mit Experten und zog sich Trainingsprogramme aus anderen Sportarten aus dem Internet. Adler muss komplett fit sein in den nächsten entscheidenden Wochen. Nur so kann er Bundestrainer Joachim Löw überzeugen. Denn internationale Auftritte wie der Dortmunder Konkurrent Roman Weidenfeller hat Adler nicht.