Freiburgs „90+“-Team: Dembélé ärgert Hoffenheim
Sinsheim (dpa) - Seine Jacke hatte er schon in der Schlussphase wutentbrannt auf den Boden gefeuert, in der 90. Minute war Holger Stanislawski endgültig bedient.
„Wir haben drum gebettelt, dass wir eines kriegen“, wetterte der Trainer von 1899 Hoffenheim nach dem Last-Minute-Gegentor beim 1:1 (1:0) im badischen Derby gegen die Spätzünder des SC Freiburg. „In der zweiten Halbzeit sind wir einfach nur noch stehen geblieben.“ In seinem Bemühen, aus vielen Einzelkönnern ein richtiges Team zu formen, kommt der frühere Coach des FC St. Pauli im Kraichgau jedenfalls nicht voran. In den letzten acht Spielen gab es nur einen Sieg, so schlittert man in eine Krise.
Vier Minuten nach seiner Einwechslung traf Garra Dembélé und machte mit seinem ersten Bundesliga-Treffer die Führung von Roberto Firmino (24.) wett. „Ich hatte fünf Minuten - und die wollte ich nutzen“, erklärte der Nationalspieler aus Mali, der dort wegen des gesetzten Papiss Cissé kaum zum Einsatz kommt. Wie schon zuletzt beim 2:2 gegen Hertha BSC und beim 2:1 in Nürnberg glänzten die Freiburger als „90+“-Torschützen. „Die Schlagzeilen waren schon geschrieben, dann haben wir zugeschlagen“, meinte Felix Bastians grinsend. Und Präsident Fritz Keller scherzte: „In Zukunft werden wir erst in der 88. Minute anfangen.“
Auch nach fünf Punkten aus den letzten drei Spielen hängt der Sportclub auf dem vorletzten Tabellenplatz fest, doch Trainer Marcus Sorg ist nach dem Teilerfolg vor 28 250 Zuschauern überzeugt: „Die Moral und die Geschlossenheit, die die Mannschaft hat, wird dafür sorgen, dass wir am Ende über dem Strich bleiben.“
Genau jene Eigenschaften fehlen den Hoffenheimern in dieser Saison, zudem haben sie immer noch nur vier Torschützen in ihren Reihen: den Brasilianer Roberto Firmino (5), Ryan Babel (4), Sejad Salihovic (3) und Vedad Ibisevic. „Wir haben erfahrene Spieler. Wir haben Ryan Babel vorne, der auch langsam mal anfangen könnte, ein paar Punkte für uns zu holen“, kritisierte Torhüter Tom Starke den niederländischen Nationalspieler, dessen Schüsse die Streuung einer defekten Ballmaschine haben. „Ich weiß nicht, was los ist mit dem Jungen. Er ist komplett down. Er wäre ein Typ, an dem sich die Mannschaft aufrichten könnte.“
Wie so viele andere Profis bei 1899 sind auch die beiden Bosnier Ibisevic und Salihovic vor allem mit sich selbst beschäftigt. Ibisevic fiel dieses Mal den regelmäßigen Umstellungen Stanislawskis zum Opfer und versiebte bei seinem sechsminütigen Kurzeinsatz eine dicke Chance zum 2:0.
Salihovic erwägt einen Wechsel in der Winterpause: „Man weiß nie, was passiert.“ Da sein Vertrag zum Saisonende ausläuft, würde Hoffenheim ihn bei einem entsprechenden Angebot ziehen lassen. „Wir haben nach Meinung des Trainers eher zu viele Spieler“, erklärte Manager Ernst Tanner. „Wenn es ein Angebot ist, zu dem man nicht nein sagen kann, würden wir uns unterhalten. Nur: Das Angebot ist nicht da.“
Wenigstens ein „Sorgenkind“ ist auf dem Weg der Besserung: Nigerias WM-Teilnehmer Chinedu Obasi, zuletzt nicht mal im Kader, zeigte ansteigende Form. Ein Donnerwetter wie zuletzt beim 1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern ersparte sich Stanislawski, etwas resigniert saß er bei der Pressekonferenz. „Wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen und gehen weiter unseren Weg“, meinte Tanner. Der führt derzeit allerdings in Serpentinen abwärts.