Augsburg im Freudentaumel - Magath klagt Profis an
Augsburg (dpa) - So ausgelassen hat man einen Tabellenletzten in der Fußball-Bundesliga selten jubeln sehen. Im siebten Anlauf gelang Aufsteiger FC Augsburg beim 2:0 (0:0) gegen die Auswärts-Schlaffis des VfL Wolfsburg der ersehnte erste Heimsieg im Oberhaus.
„Die Erleichterung war im ganzen Stadion zu spüren. Die Fans wollten die Mannschaft fast gar nicht vom Platz lassen. Ein Sieg ist immer das beste Heilmittel“, erklärte Trainer Jos Luhukay bewegt. „Wir nehmen hier mehr als die drei Punkte mit“, erklärte Manager Andreas Rettig selig: „Ich muss den Hut ziehen, wie hier Trainer und Mannschaft als Einheit auftreten.“
Auch nach dem 14. Spieltag stehen die bayerischen Schwaben in der Tabelle ganz unten, aber mit dem ersten Bundesligatreffer von Daniel Brinkmann (65. Minute) und dem Joker-Tor des eingewechselten Edmond Kapllani (90.+4) sendete der FCA ein Lebenszeichen im Abstiegskampf. „Jetzt wollen wir weiterpunkten“, verkündete Matchwiner Brinkmann. „Die Erleichterung ist Wahnsinn! Wir haben alles investiert, was in uns steckt“, bemerkte Tobias Werner, der nach dem Führungstor bei Augsburger Kontern zum Chancentod geworden war. „Wir haben immer an uns geglaubt“, betonte Sascha Mölders, der Vorbereiter des 1:0.
Leidenschaft, Kampf, Hingabe - das war der Unterschied zwischen dem Abstiegskandidaten und dem schlechtesten Auswärtsteam der Liga. „Die Mannschaft, die mehr gekämpft hat, hat gewonnen“, schimpfte VfL-Trainer Felix Magath. Der Aufschwung des 4:1-Derbysieges gegen Hannover ist wieder dahin, Wolfsburg bleibt Mittelmaß. Magaths Worte klangen nach einer weiteren Shopping-Tour im Winter: „Wir haben nicht genügend Spieler, die genügend Einsatz bringen in so einem Spiel.“
Bezeichnend war, wie der deutsche Meister von 2009 auf die Verliererstraße geriet. Nach einem falschen Einwurf von Marcel Schäfer schlug Augsburg zu. „Ich wollte das Tor unbedingt machen“, erzählte Brinkmann. „Die Mannschaft hat sich endlich belohnt. Sie hat auf dem Boden gelegen, aber sie ist immer wieder aufgestanden. Der Sieg war wichtig - auch mental“, betonte Luhukay.
Der zweite Bundesligasieg kam zum richtigen Zeitpunkt, denn er überlagerte die vom FCA-Präsidenten Walther Seinsch losgetretene Diskussion um „Versäumnisse“ bei der Zusammenstellung des Kaders. Es war ein öffentlicher Rüffel für Geschäftsführer Rettig, der jedoch souverän reagierte: „Wenn man Letzter ist, muss man sich kritische Fragen stellen lassen. Der Präsident wollte den Manager nicht an den Pranger stellen.“ Luhukay fand die Debatte „unglücklich gelaufen“, versicherte aber zum Innenverhältnis: „Die Chemie stimmt.“
Rettig will seine Einkaufspolitik mit Vernunft nicht verlassen. „Wir machen wirtschaftlich nicht jeden Blödsinn mit“, sagte er zu geplanten Nachkäufen im Winter. Seine eigene Zukunft ist ebenfalls „offen“, wie der 48-Jährige am Samstag sagte. Er habe „ein Höchstmaß an Job-Zufriedenheit“, trotzdem zögert er: „Im Januar wird der Präsident Klarheit von mir bekommen“, kündigte der Manager an.
Luhukay erhofft sich „punktuelle Verstärkungen“. Zunächst aber müssten bis Weihnachten die sportlichen Hoffnungen geschürt werden, betonte der Trainer: „Unser Ziel ist es, bis zur Winterpause Richtung Platz 16, 17 zu schauen, dass der Abstand nicht zu groß wird.“