Freiburgs Sorg: Gelassen ins „Haifischbecken“

Freiburg (dpa) - Einen Sprücheklopfer hat der SC Freiburg nicht zum neuen Cheftrainer gemacht. Marcus Sorg ist ein eher leiser Vertreter seiner Zunft: sachlich, freundlich, bescheiden.

In seinen ersten Wochen im „Haifischbecken Bundesliga“ wirkte der 45-Jährige sehr konzentriert, beobachtend - aber auch gelassen. „Ich habe eine innere Ruhe, weil ich weiß, dass ich beim SC Freiburg gut aufgehoben bin“, sagte er. Impulsive Momente sind von ihm selten zu erleben.

Sorg hatte zuvor nur Amateurteams trainiert. Bei seiner Beförderung übersprang er gleich zwei Ligen, er kreuzt als „Greenhorn“ in der deutschen Beletage auf - und kann sich die innere Ruhe trotzdem leisten. Denn er weiß, dass im Breisgau die Uhren ein Stück weit anders ticken. Verein und Umfeld sind geduldiger, was dem zuletzt von der U 17 über die U 23 zum Bundesliga-Coach aufgestiegenen Fußball-Lehrer den Einstieg ins Profigeschäft erleichtert.

„In Freiburg muss vielleicht noch mehr als anderswo effektiv gearbeitet werden, denn man kann es sich hier nicht erlauben, viele Fehler auszubügeln“, sagte Sorg. „Aber es ist sicherlich ein Vorteil, dass allen bewusst ist, dass die erste Liga für den SC zu jeder Zeit ein Geschenk ist.“

Speziell im Umfeld des SSV Ulm 1846, wo Sorg als Spieler und Trainer aktiv war, kam seine Beförderung in Freiburg aber als Überraschung an. Von einem mutigen Experiment war die Rede. Die Beschreibungen „zu unerfahren und zu weich“ machten hinter vorgehaltener Hand die Runde. „Diese Entscheidung passt aber zu Freiburg und hebt sich wohltuend vom sonstigen Bundesliga-Chaos ab“, sagte Uwe Spies, der frühere SC-Profi und Mitspieler von Sorg.

Beim Sportclub ist man selbstredend bester Dinge, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sorg passt zum Verein, das war den Verantwortlichen das Wichtigste. „Wenn wir nicht überzeugt gewesen wären, hätten wir nicht so entschieden. Wir haben Kontinuität und einen absoluten Fußball-Fachmann“, sagte Sportdirektor Dirk Dufner.

Denn eines hat der Diplom-Ingenieur für Grundlagen- und Bauphysik: genug praktische Erfahrung als Trainer. Es sind nicht die großen Vereine und Ligen, die er bislang als Referenz vorzuweisen hat. Doch als Coach ist er bereits auf zwölf Arbeitsjahre gekommen. „Bundesliga war nie mein erklärtes Ziel. Den Job hauptberuflich zu machen aber schon“, erklärte Sorg, der 1999 zunächst das Kommando bei den Stuttgarter Kickers II übernommen hatte, ehe er dort intern aufstieg und später über TSF Ditzingen und Ulm in Freiburg landete. Dort schloss sich ein Kreis: Bei den Kickers war Sorg seinerzeit Chef von Robin Dutt, in Freiburg war es umgekehrt.

Sorg weiß, dass er kein Hexenwerk vollbringen muss, um auch in der ersten Liga zu bestehen. „In der Bundesliga ist man tagesabhängiger als weiter unten. Aber beim Trainingsablauf und im sonstigen Tagesgeschäft gibt es keine gravierenden Änderungen“, meinte er.

Was sich „extrem ändert“, sind die Fokussierung auf seine Person und der mediale Auftritt. „Das ist definitiv eine andere Hausnummer, aber ich habe in Freiburg ein intaktes Umfeld und eine gute Mannschaft“, sagte Sorg. Illusionen macht er sich dennoch nicht: „Im Fußball ist nicht alles rational.“