Friedrich nimmt von Stehplatzverbot Abstand
Berlin (dpa) - Wenige Tage vor dem Fußball-Sicherheitsgipfel hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von dem zuletzt angedrohten Stehplatzverbot vorerst wieder Abstand genommen.
„Die Stehplätze sind Bestandteil der Fankultur und stehen derzeit nicht zur Disposition. Dass dies so bleibt, haben die Fans selbst in der Hand“, sagte der CSU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Erst Anfang Juli hatte Friedrich erneut mit einem Stehplatzverbot in Stadien gedroht.
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach reagierte erleichtert auf die Ankündigung. „Wir haben immer gesagt, wir stehen zu den Stehplätzen. Das ist unser unveränderter Standpunkt“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes am Rande der Schiedsrichtertagung in Altensteig-Wart.
Beide erwarten beim Gipfel am Dienstag einen Schulterschluss aller Beteiligten. „Wir alle können unsere Augen nicht vor der zunehmenden Gewalt in und um die Stadien herum verschließen“, sagte Friedrich. Die Gewalt bringe die Fußballkultur in Gefahr. „Deswegen müssen wir jetzt handeln, und zwar alle gemeinsam: Vereine, Verbände, Politik, vor allem aber auch die Mehrheit der friedlichen Fußballfans.“
Niersbach erklärte: „Wir wollen keine Panik machen und keine Negativstimmung erzeugen. Aber die Situation ist ernst. Ich setze darauf, dass wir das gemeinsam in den Griff bekommen. Es müssen klare Bestimmungen herauskommen.“
Tags zuvor hatten sich Fanorganisationen besorgt gezeigt, dass auf dem Sicherheitsgipfel „pauschale Kriminalisierung der Fans und die Verstärkung von Kollektivstrafen“ gefördert werden könnten. Wie „ProFans“, „IG Unsere Kurve“, „AG der Fananwälte“ und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte in einer gemeinsamen Mitteilung erklärten, könnten bei dem Treffen Maßnahmen ins Leben gerufen werden, die eine weitere Distanzierung zwischen den Vereinen und Verbänden auf der einen und den Fans auf der anderen Seite mit sich bringen.
Die Abschaffung von Stehplätzen lehnen die Fanorganisationen geschlossen ab und sehen darin kein Mittel zur Verbesserung der angespannten Situation. Zudem mahnten die Fanvertreter eine Versachlichung der Diskussion an. Häufig würden in der Öffentlichkeit „Pyrotechnik und Platzstürmungen mit Gewalttaten“ gleichgesetzt.
Bengalos und andere Feuerwerke im Stadion schlossen sowohl Niersbach wie auch Friedrich aus. „Das sind Dinge, über die auch nicht diskutiert werden kann. Das hat mit Ordnung im öffentlichen Raum zu tun. Daran müssen sich alle halten“, sagte Niersbach. „Wir müssen gemeinsam der Gefahr für die Gesundheit der Fans entgegen treten“, begründete der Minister die ablehnende Haltung.
Friedrich erwartet von Vereinen, Deutschem Fußball-Bund und Deutscher Fußball Liga ein konkretes und verbindliches Konzept. Die Clubs müssten noch stärker das Gespräch mit den wirklichen Fans suchen, „denn sie sind der Schlüssel zum Erfolg. Hinsichtlich der Gewalttäter müssen Sanktionen klar definiert und in der Zukunft von allen Vereinen konsequent umgesetzt werden“, forderte er.
DFB-Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel sagte: „Wenn diese Feuergeschichten weiter stattfinden, muss auch abgebrochen werden. Das ist ein Mittel, was dem Fußball nicht guttut, aber ein klares Signal sendet.“ Man müsse in den Verfahren transparent werden.
Am Dienstag treffen sich die Vertreter der 56 Clubs aus der 1., 2. und 3. Liga in Berlin, um über die Konsequenzen aus den Ausschreitungen der vergangenen Saison zu beraten.