Fußball mit Mini-Maßnahmen gegen Gewalt
Berlin (dpa) - Letzte Warnung statt harter Einschnitte: Auch beim dritten Sicherheitsgipfel binnen 27 Monaten hat sich der deutsche Fußball nicht zu weitreichenden Schritten gegen das Gewaltproblem durchgerungen.
Mit einem kleinen Maßnahmenpaket und einem Verhaltenskodex der Clubs sollen Pyrotechnik und Ausschreitungen in den deutschen Stadien bekämpft werden. In Berlin einigten sich 53 Proficlubs - Union Berlin boykottierte die Veranstaltung - auf Einladung von Deutschem Fußball-Bund und Deutscher Fußball Liga darauf, die maximale Dauer von Stadionverboten von drei auf bis zu zehn Jahre zu verlängern. Das Nein zum Abbrennen von bengalischen Feuer wurde bekräftigt, ein von Politikern zuvor gefordertes Stehplatzverbot hingegen abgeschmettert.
„Das ist eine gute Nachricht für Millionen friedliche Fußballfans“, frohlockte Ligapräsident Reinhard Rauball. Er kündigte allerdings eine verschärfte Gangart für die Zukunft an: „Das ist die Auftaktveranstaltung, um Reformen einzuführen.“ Zur Winterpause sollen „weitere Beschlüsse“ gefasst werden. Zuvor sollen wieder einmal Arbeitsgemeinschaften tagen. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sprach von einer „geschlossenen Front gegen Gewalt“ und einer „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber Krawallmachern.
Die groß angekündigte Konferenz dauerte nicht einmal so lange wie ein Fußballspiel. Keine 90 Minuten tagten die Vertreter hinter den verschlossenen Türen des Meetingraums Charlottenburg in einem Berliner Nobelhotel. „Es gab eigentlich nichts Neues, nur dass wir gemeinsam entschlossen sind, der Problematik Herr zu werden“, wertete Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt, das Ergebnis.
„Ich bin sehr dankbar, dass ein Verhaltenskodex unterzeichnet wurde, indem klargemacht wurde: Keine Gewalt, keine Pyrotechnik, klare Grenzen mit klaren Sanktionen“, bejubelte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich dagegen das einseitige Papier. Auch der CSU-Politiker drohte mit neuen Konsequenzen, sollte es kommende Saison erneut zu Vorfällen kommen. Dann werde man „die ein oder andere Idee“ haben, betonte er. Unter anderem könnte moderne Videotechnik zur Überwachung der Fans dann auch flächendeckend zum Einsatz kommen.
Abgesandte von Fan-Organisationen waren zu der Konferenz selbst nicht geladen - anders als in der Task Force Sicherheit, die vorab Empfehlungen für den Gipfel erarbeitet hatte. So tagten die Anhänger wenige hundert Meter entfernt und zeigten sich besonders von den verschärften Stadionverboten entsetzt. „Da verschlägt es einem die Sprache. Das sieht danach aus, dass die Repressalien erhöht werden“, fürchtete René Lau von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, „meines Erachtens ist der Gipfel für die Fans eine Katastrophe.“
Nur vereinzelt zeigten sich die Vereinsvertreter am späteren Nachmittag noch bei den Anhängern. „Das war eine Veranstaltung für die Politik und die Liga“, bekannte ein Zweitligavertreter dabei über den Sicherheitsgipfel, „damit sie sich hinstellen können und sagen: wir machen was.“
Gar von einer „Akklamationsveranstaltung“ sprach Union Berlin, das das Treffen als einziger Proficlub boykottiert hatte. Der beschlossene Verhaltenskodex sei den Vereinen erst am Montag um 16.45 Uhr zugesandt worden, begründete Vereinssprecher Christian Arbeit diesen Schritt: „Bevor solch ein Kodex verabschiedet werden kann, sollten sich die Vereine zunächst auf einen Konsens einigen können. Innerhalb eines Tages ist dies nicht zu machen.“