„Fußball-Verbot“: Trainer können schlecht abschalten
Frankfurt/Main (dpa) - Endlich abschalten! Nach der Bundesliga-Vorrunde verabschieden sich die gestressten Trainer in die Winterpause. „Wir können die Pause wirklich gut gebrauchen“, sagte nicht nur Dortmunds zuletzt frustrierter Starcoach Jürgen Klopp.
„Ich mache nix. Kein Fußball! Fußballverbot - zehn Tage mindestens! Niemand darf mich auf Fußball ansprechen, sonst wird er gekillt“, kündigte Hoffenheims Chefcoach Markus Gisdol an. Endlich abschalten? Er und seine Kollegen tun sich meist schwer, den aufregenden Alltag hinter sich zu lassen.
So manch ein Profitrainer wird nach den Feiertagen wieder vor dem Computer sitzen, Trainingspläne ausarbeiten und Videobilder studieren. Fußball-„Junkies“ sind sie ja alle irgendwie. Der Fall Ralf Rangnick, der wegen eines Burnouts einst seinen Posten bei Schalke 04 aufgeben musste, zeigt, wie gefährdet dieser Berufsstand ist. Zwar sind die sechs- bis siebenstelligen Jahresgehälter ein ordentliches Schmerzensgeld und es gibt auch viele andere stressige Führungspositionen in Politik und Wirtschaft, aber: Kaum jemand lebt so in der Öffentlichkeit wie die Trainer der Erst- und Zweitligisten. Und kaum jemand kann sich seinem Job so schwer entziehen, weil er überall darauf angesprochen wird. „Ich fliege weg. Wohin, das bleibt geheim, sonst ist die "Bild"-Zeitung vor Ort“, sagte Gisdol.
Armin Veh nimmt sich während der Saison vielleicht etwas öfter als andere eine Auszeit und fährt nach Augsburg. „Da bin ich weit weg, da bin ich zu Hause, da treffe ich meine Kumpels, da lacht man auch mal“, sagte der Coach von Eintracht Frankfurt kürzlich in einem Interview der „Frankfurter Rundschau“, räumte aber ein: „Da kann ich ein wenig abschalten, aber ganz nie.“ Der Kopf bleibe immer angeschaltet. Und schlafen könne er nach Partien auch schlecht.
Wie man mit so etwas umgeht, das wird schon in der Trainerausbildung angesprochen. „In der Sportpsychologie spielen Themen wie Stressfaktoren und Burnout eine Rolle. Wir hatten auch schon mal jemanden dabei, der Thai Chi gezeigt hat“, erklärt Frank Wormuth, Chefausbilder beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und enger Vertrauter von Bundestrainer Joachim Löw. „Aber im Grunde können wir nur sagen: Die Stressfaktoren sind diese und jene und versuchen, dafür zu sensibilisieren.“
Wormuth will seinem Berufsstand aber keinen Sonderstatus einräumen. „Ein Manager, der ein Logistik-Unternehmen führt, fährt auch nicht nach Hause, macht die Tür zu und sagt: Das war's.“ Die enorme Beanspruchung im Profifußball sieht er vor allem darin, „dass er kurzfristig handeln, aber mittel- und langfristig denken muss. Und er hat es mit unheimlich vielen verschiedenen Charakteren unter den Spielern und im Umfeld zu tun. So ist er in sozialen Interaktionen stets gefordert.“
Raus aus dem Hamsterrad, aus der Tretmühle, aus dem Zirkus Bundesliga - zumindest für ein paar Tage. Braunschweigs Torsten Lieberknecht fährt mit der Frau und den drei Kindern nach Österreich. Sein Wolfsburger Kollege Dieter Hecking freut sich auf den Familienurlaub in Norwegen.
Fast wichtiger sind kleine Auszeiten während der Saison. Lucien Favre, der Trainer von Borussia Mönchengladbach, fährt in seiner Freizeit manchmal mit seiner Frau nach Belgien, um sich einen Kinofilm auf Französisch anzuschauen. „Aber ganz abschalten - das geht nie“, sagte der Schweizer in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. „Aber du musst, denn wenn du es nicht schaffst, hast du ein Problem. Es ist nicht gut, immer nur Fußball im Kopf zu haben, dadurch verliert man viel Kreativität.“
Kosta Runjaic vom Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern versucht's gerne mit Mountainbiken im Rheingau. „So richtig abschalten, das habe ich noch nicht gelernt. Das funktioniert so richtig erst, wenn man mit der Familie komplett im Urlaub ist“, gab er zu und erzählte lächelnd: „Ab und zu ein Buch lesen, das gehört auch dazu. Gut... man kauft die Bücher, die stapeln sich dann, und die Frau liest sie.“