Gerland zurück in die „Heimat“ - Lahm „außergewöhnlich“
München (dpa) - Bayern Münchens Co-Trainer Hermann Gerland würde sich für Philipp Lahm einmal die Kür zum Fußballer des Jahres wünschen.
„Er ist einer der besten Spieler der Welt. Seit zwölf Jahren spielt er auf einem unglaublichen Niveau. Trotzdem ist er noch nie Fußballer des Jahres geworden“, sagte Gerland. „Wenn er 60 Spiele macht, dann macht er 55 Spiele außergewöhnlich gut, und dann sind fünf Spiele darunter, bei denen man sagt, Philipp hat schlecht gespielt. Aber das war immer noch so gut wie bei einem normalen Bundesliga-Spieler. Das muss einmal gewürdigt werden“, erklärte der 60-Jährige in München.
Lahm arbeitet nach einem Bruch am rechten Sprunggelenk an seinem Comeback. Eine Rückkehr des Kapitäns im Team des deutschen Fußballer-Rekordmeisters zeichnet sich für die zweite Februar-Hälfte ab. „Er spielt nicht spektakulär. Aber du kannst ihn hinstellen, wo du willst. Er macht keine Fehler“, rühmte Gerland den Allrounder auf der Internetseite des Vereins.
Die Zeiten, in denen sich Gerland über eine Rückkehr zu seinem VfL Bochum gefreut hätte, sind längst vorbei. „Einmal haben sie nachgefragt, aber an dem Tag sind wir gerade deutscher Meister geworden und dann habe ich gesagt, glaubst Du, dass ich mir die Hose mit der Kneifzange zumache“, scherzte Gerland und schwärmte einmal mehr über den Branchenführer in seiner Münchner Wahl-Heimat. „Ich bin beim besten Verein der Welt. Ich arbeite mit den besten Spielern der Welt zusammen. Jedes Training ist ein purer Genuss, darauf freue ich mich jeden Morgen. Das würde alles wegfallen.“ An die vorderste Front im Profi-Fußball zieht es Gerland nicht mehr zurück, die große Bühne scheut er sowieso.
Auch wenn der Ziehvater vieler Stars in über vier Jahrzehnten Profi-Fußball praktisch alles erlebt hat, steht für ihn an diesem Freitag (18.00 Uhr) ein besonderes Spiel an: Ein Duell mit seinem Heimatverein im Ruhrgebiet. „Ich wusste, der VfL hat finanzielle Probleme. Deshalb bin ich zu Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer gegangen und habe gefragt, ob sie mir einen Gefallen tun können. Der FC Bayern hat in der Vergangenheit vielen Vereinen geholfen. Und auch diesmal war schnell klar, dass wir in Bochum spielen“, erklärte Gerland auf der Internetseite des Clubs und freute sich auf seine „Heimat“.
In 204 Bundesligaspielen kämpfte der „Tiger“ mit dem VfL meist um den Klassenverbleib. In München hat er dagegen mittlerweile Generationen von Meistern erlebt, zählt im 19. Jahr längst zum Inventar des FC Bayern, steht bei den Weltstars hoch im Kurs. „Sie hören auf mich und wissen: Was ich sage, hat Hand und Fuß. Ich erzähle den Spielern keine Märchen. Wenn mir etwas auffällt, dann sage ich es“, betonte der gelernte Bankkaufmann.
Das können die Stars nur bestätigen. „Er war immer direkt. Und es war gut, dass es einen gab, der einem nicht nur Honig um den Mund geschmiert hat, sondern klipp und klar gesagt hat, wo es lang geht“, schilderte Bastian Schweinsteiger anlässlich des 60. Geburtstags Gerlands einen Vorzug. Schweinsteiger bekam wie Philipp Lahm, Thomas Müller, Mats Hummels und und und... den Feinschliff auch von Gerland verpasst.
Der langjährige Talentschmied Gerland („Unsere Nachwuchsabteilung hat fünf Weltmeister ausgebildet“) wurde nach dem spektakulären Scheitern von Jürgen Klinsmann im Jahr 2009 zu den Profis beordert und wirkt dort bis heute mit der Pfeife um den Hals als Assistenzcoach. Ob in den Amtszeiten der Streitfigur Louis van Gaal, von Tripletrainer Jupp Heynckes oder des aktuellen Starcoaches Pep Guardiola — Gerland ist die große Konstante im Betreuerstab. „Wunderbar“ sei die Entwicklung beim FC Bayern, pries Gerland, bekleidet im roten Bayern-Trainingsanzug und mit Badeschlappen. „Besser könnte es nicht sein. Wir spielen momentan einen überragenden Fußball.“
Kult ist der ehemalige Cheftrainer der zweiten Bayern-Mannschaft bei Spielern und Fans, der Verein hat ihn mit einem unbefristeten Vertrag ausgestattet. Ob der Hobby-Pferdezüchter eines Tages zurück nach Bochum geht, vermag er jetzt noch nicht zu sagen. „Ich fühle mich beim FC Bayern wohl. So lange ich hier tätig bleiben darf, werde ich dem Verein dienen und natürlich auch hier wohnen.“