Hecking nach Punktverlust: Dürfen nicht so viel träumen
Wolfsburg (dpa) - Dieter Hecking nutzte die erneuten Punktverluste des VfL Wolfsburg zu einem Appell. Fast schien es, als sei dem Trainer das 1:1 im Freitagabendspiel der Fußball-Bundesliga gegen den Hamburger SV gerade recht, um die Erwartungen in Wolfsburg zu dämpfen.
„Das zeigt mir, dass wir nicht so viel träumen dürfen“, resümierte Hecking nach der für beide Teams irgendwie enttäuschenden Partie streng. „Hören Sie auf, von der Champions League zu schreiben“, sagte Hecking in Richtung Medienvertreter, als wenn dies vor dem erst 14. Spieltag tatsächlich Dauerthema gewesen sei.
Seit sechs Spielen sind die Niedersachsen nun ungeschlagen, doch wie schon beim 1:1 in der Vorwoche in Nürnberg ließ Wolfsburg wieder wichtige Punkte liegen. Der Anschluss an die Champions-League-Ränge ist erst einmal verpasst. Genau da sieht aber der Mutterkonzern Volkswagen den VfL vom Anspruch her. Möglicherweise ist es das, was Hecking in der „Entwicklungsphase“ seines Teams als hinderlich ansieht. Manager Klaus Allofs ging in die selbe Richtung: „Ich hatte vor dem Anpfiff das Gefühl, als gäbe es die Erwartungshaltung, jedes Spiel und jeden Gegner zu dominieren. Das ist aber nicht immer so.“
Gegen den HSV war es nur 60 Minuten der Fall. Eine Stunde lang spielte nur Wolfsburg und hatte, wie Hecking formulierte, „gefühlt 80 Prozent Ballbesitz“. Dass die Gäste trotz der deutlichen Überlegenheit des VfL nach 30 Minuten schon 2:0 hätte führen können, ist allerdings auch eine Wahrheit, die verdeutlicht, dass Wolfsburg lange noch nicht da ist, wo es gerne hin möchte.
„Auch Diego hält nicht immer alles“, befand Allofs angesichts der Leistungsschwankungen einiger Spieler über Torhüter Diego Benaglio. Mit seinem Patzer in der 19. Minute bei einem direkten Freistoß von Hakan Calhanoglu verschätzte sich der Schweizer böse und ermöglichte so die glückliche HSV-Führung. Zehn Minuten später vergab Torjäger Pierre-Michel Lasogga mit dem erst zweiten Torschuss der Hamburger frei vor Benaglio die riesige Chance zum 2:0.
Dass Wolfsburg zumindest einen Punkt behielt, lag auch am Unvermögen des HSV. Im Gegenzug nach Lasoggas Fehlschuss leistete sich Hamburgs Heiko Westermann ein überflüssiges Foul im Strafraum an Daniel Caligiuri. Ricardo Rodriguez sorgte per fälligem Strafstoß dafür, dass das Spiel nicht völlig auf den Kopf gestellt wurde.
Auch danach war Wolfsburg dominierend. Warum aber das Spiel spät in der zweiten Halbzeit plötzlich kippte, darüber waren sich die Niedersachsen uneins. „Die Mannschaft hat mit großem Aufwand gespielt. Das ist dann auch eine Frage der Kraft und der Frische“, erklärte Allofs, dass sich der VfL plötzlich vom HSV einschnüren ließ. „Wir sind von unserer spieltaktischen Linie abgewichen“, monierte Hecking dagegen. Dass Wolfsburg das lange so überlegen geführte Duell nicht gar noch verlor, war spätestens nach Ivo Ilivecics Lattenknaller in der 85. Minute ziemlich glücklich.
„Normalerweise muss man zufrieden sein, wenn man bei einer so guten Mannschaft unentschieden spielt. Aber heute ärgert es mich“, meinte HSV-Coach Bert van Marwijk mit säuerlicher Miene. „Mich ärgert es auch, dass wir nur einen Punkt geholt haben“, entgegnete Hecking prompt. Vielleicht auch wegen der Erkenntnis, dass es für Wolfsburg für ganz oben eben noch nicht reicht.