Hertha BSC: Schulden auf „historischem Tiefstwert“
Berlin (dpa) - So viel Harmonie gab es selten bei der „Alten Dame“. Nur als das Überraschungsteam von Hertha BSC von 973 Mitgliedern mit Standing Ovations gefeiert wurde, gab es einen kurzen Schreck.
Einige der Profis, die sich mit weißen Hemden und dunklen Sakkos für Tabellenplatz fünf und einen neuen Aufschwung beim Hauptstadtclub bejubeln ließen, stolperten nach hinten von der Bühne - aber keiner wurde verletzt. „Alles gut“, hatte Vereinschef Werner Gegenbauer schon vor der Sitzung am Montagabend die Lage bei Hertha BSC zusammengefasst: „Wir neigen ja nicht zur Übertreibung, aber alles, was wir uns erhofft und versprochen haben, ist eingetreten.“
Hertha BSC hatte in der Vorsaison die Verbindlichkeiten weiter erheblich reduziert, informierte Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller. Auch ein Verlust von 7,6 Millionen Euro aus der Zittersaison 2014/15, der vor allem durch Abschreibungen aus den Spielerwerten zustande gekommen war, konnte die gute Stimmung in der tristen Berliner Messehalle 20 nicht trüben. Präsident Gegenbauer kündigte an, sich 2016 erneut zur Wahl stellen zu wollen.
Die zinstragenden Verbindlichkeiten hat Hertha vor allem durch den Einstieg des Investors KKR auf Null gebracht, betonte Schiller. Der Berliner Fußball-Bundesligist verzeichnete zum 30. Juni 2015 einen Schuldenstand von 15,9 Millionen Euro; ein Jahr zuvor waren es noch 24,4 Millionen Euro gewesen.
KKR hatte Anfang 2014 für 61,2 Millionen Euro 9,7 Prozent der Hertha BSC GmbH@Co Kommanditgesellschaft auf Aktien übernommen. Der Verein sei nach dem Deal in der Lage gewesen, „die wirtschaftliche Basis neu zu legen und die Verbindlichkeiten deutlich zu reduzieren auf einen historischen Tiefstwert“, sagte Schiller. Das habe wiederum Investitionen im sportlichen Bereich möglich gemacht.
Dardai als neuer Cheftrainer machte daraus in kurzer Zeit viel. „Wenn wir noch gut rauskommen aus den letzten Spielen des Jahres, werden wir schöne Weihnachten haben“, erklärte der Ungar angesichts der 23 erkämpften Punkte und Tabellenplatz fünf. Dardai versprach den Fans, weiter hart zu arbeiten, „denn wir wollen richtig stolze Herthaner sein“. Insgesamt gehören dem Verein derzeit 32 800 Mitglieder an.
Der geplante Umsatz von 78 Millionen Euro für die laufende Saison werde steigen, erklärte Schiller. Allein die überraschende Platzierung der Profis sichert dem Verein erhebliche Mehreinnahmen. „Hertha BSC und Pal Dardai - das passt einfach zusammen“, rief Michael Preetz den Mitgliedern zu. „Eins dürfen wir aber auf keinen Fall“, ergänzte der Manager: „Anfangen zu spinnen.“
In der Vorsaison hatte Hertha bis zuletzt im Abstiegskampf gestanden. Die 24,1 Millionen aus der TV-Vermarktung waren deshalb nur der 16. Platz im Ranking der Erst- und Zweitligisten. In der Saison 2014/15 standen bei Hertha insgesamt 88,5 Millionen Euro auf der Einnahmenseite und 96,1 Millionen auf der Ausgabenseite. Für Personal gab Hertha in der Vorsaison 42,2 Millionen Euro aus, davon 36 Millionen für den Profikader. Das Eigenkapital ist deutlich auf über 20 Millionen Euro gestiegen - auch eine Auswirkung des KKR-Deals.
Mit deutschen Topclubs kann sich Hertha damit noch lange nicht messen. Rekordmeister Bayern hatte in der Vorsaison 227,3 Millionen Euro für Personal ausgeben und einen Umsatz von 523,7 Millionen Euro verzeichnet.