Heynckes in Leverkusen: Macht Wiedersehen Freude?

München (dpa) - Einer übermäßigen Gefühlsduselei kann sich Jupp Heynckes bei seiner emotionalen Rückkehr nach Leverkusen nicht hingeben. Dafür steht am Samstag zu viel auf dem Spiel, wenn der 66 Jahre alte Fußballlehrer mit den Bayern gegen Bayer antritt.

„Ich freue mich natürlich auf das Wiedersehen mit meinen ehemaligen Spielern und hoffe, dass das nach dem Spiel ebenso sein wird“, sagte Heynckes. Ein Münchner Sieg ist Voraussetzung für diesen Wunsch. Bei der Jagd auf Bundesliga-Spitzenreiter Borussia Dortmund kann sich Heynckes in der BayArena keine Gastgeschenke an seinen Ex-Club erlauben.

„Borussia Dortmund ist relativ stabil“, sagte Heynckes. Patzen darf der deutsche Rekordmeister darum nicht mehr, vielmehr muss die Auswärtsmisere beendet werden. In der Rückrunde sind die Bayern in fremden Stadien bislang sieglos; in Gladbach gab's eine 1:3-Pleite; in Hamburg (1:1) und Freiburg (0:0) reichte es nur zu Unentschieden. Doch Heynckes glaubt an sein Team im Titelkampf: „Wir haben noch elf Spieltage, da ist sicher noch so manches zu korrigieren.“

Beim 2:0-Sieg im Verfolgerduell gegen Schalke war es Heynckes jüngst gelungen, dass sein Starensemble wieder „als homogenes Team“ auftrat, „wo der eine für den anderen da ist“. Daran soll angeknüpft werden. „Wichtig ist, dass meine Mannschaft wieder so gefestigt ist und erfolgreich spielt, wie wir das können“, meinte der Coach.

Im Stadion darf Heynckes aufgrund seiner Vergangenheit mit einem warmherzigen Empfang rechnen. Denn in seinen zwei Jahren in Leverkusen führte der erfahrene Trainer Bayer in die Champions League, wurde erst Vierter und dann sogar Zweiter - einen Platz vor den Bayern! „Ich habe in Leverkusen eine absolut super Zeit gehabt. Wir haben sehr gut harmoniert, und ich denke, dass meine Leverkusener Spieler mit Schuld haben, dass ich heute beim FC Bayern bin. Denn wenn wir nicht so einen guten und erfolgreichen Fußball gespielt hätten, wäre bestimmt der FC Bayern nicht noch mal gekommen“, sagte Heynckes rückblickend.

Den Wechsel hat er nicht bereut, auch wenn es bei der Titeljagd in Bundesliga und Champions League aktuell nicht so rosig aussieht: „Der Schritt war richtig. Wir haben auch in dieser Saison noch alle Optionen.“

Sein Nachfolger Robin Dutt hat in Leverkusen an seinem Erbe mächtig zu knabbern. Von den hohen Sympathiewerten eines Jupp Heynckes, der auch den hoch geschätzten Assistenten Peter Hermann mit nach München nahm, kann Dutt bislang nur träumen. „Wenn man mit den Leuten in unserem Verein spricht, spürt man die große Wertschätzung für Jupp und Peter. Sie haben hier gute Arbeit geleistet“, äußerte Dutt im Vorfeld der brisanten Begegnung gegen seinen Vorgänger.

Heynckes verfolgt die Entwicklung von Bayer aus der Ferne weiter aufmerksam. „Die Mannschaft hat lange Zeit gebraucht, sich wieder zu finden“, sagte er über den Tabellenfünften, den er im Aufwind sieht: „Wenn Bayer noch einen Platz höher kommt, spielt man in der Champions-League-Qualifikation. Warum soll man das nicht schaffen?“

Dafür müsste Leverkusen - bei sieben Punkten Rückstand auf den Tabellenvierten Schalke - die Münchner aber endlich mal wieder in der Bundesliga schlagen: Der letzte Sieg gelang 2004 im eigenen Stadion mit 4:1. Seitdem konnte Bayer in 14 Partien gegen die Bayern nicht mehr gewinnen - auch in den zwei Spielzeiten mit Heynckes nicht.