Trainerwechsel wirkungslos HSV-Aufsichtsratchef stellt Vereinsführung infrage

Hamburg (dpa) - Nach dem Absturz auf den letzten Platz in der Fußball-Bundesliga stellt HSV-Aufsichtsratschef Karl Gernandt die Vereinsführung um den Vorstandsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer infrage.

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„So eine sportliche Krise gab es in der Bundesliga-Geschichte des HSV noch nie. Ich werde da nicht tatenlos zusehen. Es geht sportlich und in der Führung nicht mehr so weiter“, sagte Gernandt der „Bild“-Zeitung, ohne Beiersdorfer oder andere Hamburger Verantwortungsträger namentlich zu nennen.

Der seit Jahren schwer kriselnde Traditionsclub rangiert nach nur zwei Punkten aus acht Saisonspielen auf Ligarang 18, der neue Trainer Markus Gisdol musste in seinen ersten drei Partien zwei Niederlagen hinnehmen. Bei der Suche nach einem Sportdirektor wird nun Ex-HSV-Profi Nico-Jan Hoogma ins Spiel gebracht. Der 47-Jährige Niederländer managt seit zehn Jahren Heracles Almelo.

Die Kritik an Beiersdorfers Doppelfunktion wird immer lauter. Nach der Entlassung von Peter Knäbel als Sportdirektor kümmerte sich der 52-Jährige um die Transfers und gab rund 32 Millionen Euro aus. Ein Streitpunkt mit Trainer Bruno Labbadia soll gewesen sein, dass der Coach Fünf-Millionen-Euro-Zugang Alen Halilovic kaum einsetzte.

Beim 0:3 gegen Eintracht Frankfurt musste Beiersdorfer mit ansehen, wie eigensinnig der junge Kroate eine Halbzeit lang agierte. „Die Spieler müssen endlich begreifen, dass man nur als Mannschaft gut spielt“, betonte der Franke. Gernandt hatte sich sogar „entsetzt“ darüber gezeigt, „wie zaghaft, wie wenig geschlossen und zum Teil naiv“ sich die HSV-Profis präsentiert hätten.

Der verletzte Kapitän Johan Djourou stellte die Frage, warum beim HSV nie Ruhe einkehrt: „In diesem Verein passieren viele Dinge. Du musst auch mal analysieren, was läuft gut und was nicht? Warum wechseln wir so viele Trainer? Das ist auch eine Frage, die wir uns stellen müssen.“ Vieles stimme nicht im Verein.

Der ehemalige HSV-Kapitän Heiko Westermann beschreibt seine Zeit bei den Norddeutschen als ebenso schwierig. „Es war keine einfache Zeit beim HSV. Fußball war zeitweise nur noch Nebensache und hat keinen Spaß gemacht“, sagte der 33-Jährige in einem Interview des Internetportals „spox.com“. Die Ausnahme sei die Zeit unter Trainer Thorsten Fink gewesen: „Weil es bei ihm endlich wieder um Fußball ging. Ihm war egal, was sonst passiert und das hat er auf die Spieler übertragen.“

Die fünf Jahre beim HSV hätten ihn schon etwas zurückgeworfen, betonte Westermann, der nun bei Ajax Amsterdam spielt. In der Zeit hatte er elf Trainer. „Das muss man sich mal vorstellen! Durchschnittlich erhielt ich jedes halbe Jahr neue Anweisungen und das teilweise mitten im Abstiegskampf. Es ging nicht mehr um ein System, sondern um reinen Ergebnis-Fußball“, betonte er. Trotzdem sei der HSV „ein richtig geiler Verein mit super Fans“. In der laufenden Saison traut Westermann dem Bundesliga-Letzten einen Platz im oberen Mittelfeld zu.