Jugendversteher Skripnik macht Werder Mut - 4:0
Bremen (dpa) - Die euphorisierten Werder-Fans forderten lautstark Levent Aycicek. Der 20-jährige Startelf-Debütant musste auf den Zaun klettern und den Einpeitscher spielen.
„Das habe ich früher bei Leuten wie Tim Wiese gesehen. Jetzt stand ich selbst dort. Einfach nur geil“, berichtete der neue Zaunkönig über die Siegesfeier nach dem grandiosen 4:0 (1:0)-Erfolg gegen den SC Paderborn, mit dem das Team von Trainer Viktor Skripnik die Abstiegsplätze hinter sich ließ.
Nicht nur Aycicek, der mit einem fulminanten Schuss unter die Latte (80.) den Schlusspunkt setzte, genoss das Bad in der Menge. Auch die Youngster David Selke (19) und die Liga-Debütanten Janek Sternberg (22) und Maximilian Eggestein (17) konnten sich vor Glückwünschen kaum retten. „Irgendwann muss man die jungen Spieler ins kalte Wasser schmeißen und gucken, ob sie schwimmen können. Im eigenen Stadion geht das leichter“, erläuterte Skripnik seinen Aufstellungs-Coup.
Die „Jugend forscht-Strategie“ des Ukrainers, der drei Tage vorher einen Profi-Vertrag für die Bundesliga unterzeichnet hatte, ging voll auf. Der Dutt-Nachfolger feierte den vierten Sieg im fünften Pflichtspiel. „Viktor hat Mut bewiesen und alles richtig gemacht. Das Risiko war aber nicht so groß. Er kennt als Nachwuchstrainer die Fähigkeiten der jungen Spieler“, sagte Manager Thomas Eichin. Auch er lobte Werders forsche Jugend-Garde: „Sie hat mit viel Mumm gespielt.“
Aycicek, seit sechs Jahren für die Hanseaten aktiv und unter Ex-Trainer Robin Dutt allenfalls ein Nebendarsteller, sah das ähnlich. „Skripnik kennt mich, ich kenne ihn. Er hat mich zum richtigen Zeitpunkt gebracht“, sagte der 1,69 Meter große Mittelfeldrenner. „Ich hoffe, dass ich noch mehr Spiele bekomme. Dafür darf ich mich aber nicht ausruhen.“
Das gilt für die komplette Werder-Mannschaft, bei der gegen schwache Paderborner die Mischung zwischen erfahrenen und jungen Profis gut austariert war. Routinier Zlatko Junuzovic leitete in der 10. Minute mit einem Freistoß-Tor den höchsten Werder-Sieg seit dem 4:0 gegen Gladbach im Oktober 2012 ein. Davie Selke (48.), Fin Bartels (50.) und Aycicek machten die Pleite für den Aufsteiger komplett.
„Die Bremer waren variabel, ballsicher und laufstark“. Wir waren nicht wachsam genug“, stellte Gäste-Trainer Andre Breitenreiter fest. Der Vorsprung der Westfalen auf Werder schmolz auf drei Punkte. Von Abstiegsängsten sprach beim SCP aber keiner. „Es kann mal passieren, dass man unter die Räder gerät“, sagte Ersatzkapitän Mario Vrancic.
Skripnik ließ offen, ob er am nächsten Sonntag im brisanten Match bei Eintracht Frankfurt am Jugend-Kurs festhält. Gegen das Team seines früheren Trainers Thomas Schaaf stehen die Routiniers Clemens Fritz und Santiago Garcia nach Ablauf ihrer Sperren wieder zur Verfügung. „Ich bin froh über den Konkurrenzkampf“, sagte Skripnik.
Auch Eichin, der in der Winterpause eigentlich neue Profis holen will, beobachtet das Experiment gespannt. „Mit jedem jungen Spieler, der sich ins Team spielt, werden meine Überlegungen vielleicht in eine andere Richtung gehen“, sagte der Werder-Manager dem ZDF.