Der 602-Spiele-Mann: Der „treue Charly“ Körbel wird 60
Frankfurt/Main (dpa) - Es gefällt ihm nicht, was die Fußball-Welt mit ihrem Nachwuchs treibt. Karl-Heinz Körbel - der „treue Charly“ - war selbst ein Talent, aber Druck von Eltern oder Beratern kannte er nicht.
„Früher konntest du in aller Ruhe Fußball spielen. Das hat sich maßgeblich geändert. Ich würde nie mein Kind so opfern, das muss ich ganz ehrlich sagen“, sagt der Rekordspieler der Bundesliga mit 602 Begegnungen. Am Montag (1. Dezember) feiert das Urgestein von Eintracht Frankfurt seinen 60. Geburtstag. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa zeigt er sich nachdenklich - auch, was seinen Herzensclub betrifft.
„Wir müssen jetzt zusehen, dass wir nicht total unten reinrutschen, sondern dieses Jahr einen Mittelplatz erreichen und nächstes Jahr wieder eine Mannschaft aufbauen“, sagt er angesichts der schwierigen Saison für das Team von Trainer Thomas Schaaf. „Wir müssen uns bis zur Winterpause irgendwie durchmogeln bis die Verletzten zurückkommen. Dann müssen wir gucken, dass wir noch ein paar Spieler dazu bekommen, damit wir in der Rückrunde die nötigen Punkte holen, um nicht in den Abstiegskampf zu kommen“, sagt er. „Es bleibt nicht viel Zeit.“
Auch bei sich selbst hat Körbel manchmal das Gefühl, dass ihm die Zeit wegrennt. Die 60 hat er immer ein bisschen weggeschoben. „Aber jetzt kommt die Zahl immer näher“, sagt er. „Bleibst du gesund? Wie läuft es mit der Familie? Das sind Fragen, die ich normalerweise gar nicht kenne.“ Doch der gebürtige Dossenheimer ist topfit, anders als viele Ex-Profis in seinem Alter: „Ich kann noch immer in der Traditionsmannschaft mitspielen.“
Das ist dem früheren Abwehrspieler wichtig - nicht nur seiner eigenen Fitness wegen. „Ich werde alles daran setzen, dass diese Werte hochgehalten werden: Treue und Tradition“. Die Werte desjenigen Vereins, an den ihn eine 42-jährige Geschichte bindet. Auf Körbels zehn Jahre beim FC Dossenheim folgte von 1972 an die Spielerkarriere bei einem einzigen Club: der Eintracht. Diese Beziehung ist lang und eng - mit ein paar Brüchen.
Körbel galt immer als fairer Sportsmann, vor allem auf dem Platz: Nie hat er eine Rote Karte bekommen. Für Ligapräsident Reinhard Rauball verkörpert der Frankfurter „wie eh und je Werte wie Treue und Fairness“. Der Rekordspieler sei damit ein Ruhepol, der in der heutigen schnelllebigen Zeit der Bundesliga guttue. Bis 1991 spielte Körbel für die Eintracht, mit der er 1974, '75, '81 und '88 den DFB-Pokal und 1980 den UEFA-Cup gewann.
Diese Triumphe überstrahlt noch eine Besonderheit, die Körbel vor allen anderen deutschen Fußballern auszeichnet: 602 Bundesliga-Spiele, alle für einen einzigen Verein - dieser Rekord wird wohl nie mehr gebrochen. Eine Gelbe Karte beim 1:1 bei St. Pauli 1991 verhinderte einen großen Abschied vor heimischer Kulisse - es war seine vierte, das reichte damals, um ihn fürs letzte Saisonspiel gegen den VfB Stuttgart zu sperren. Nur sechsmal spielte Körbel in der Nationalmannschaft. Libero Franz Beckenbauer, so sagte man, wollte lieber seinen Adlatus „Katsche“ Schwarzenbeck an der Seite.
Der Eintracht blieb Körbel treu: als Jugendtrainer, als Co-Trainer, dann sogar als Chefcoach. 1996 sollte sein Trainervertrag verlängert werden. Der Handschlag war schon vollzogen, hieß es. Doch da kam das Zerwürfnis: Die Frankfurter hatten nicht nur mit Körbel verhandelt, sondern zugleich mit Dragoslav Stepanovic. Dieser ersetzte den Rekordspieler schließlich auch.
Körbel ging zum Zweitligisten VfB Lübeck, darauf noch zum FSV Zwickau. Während all der Zeit stützte ihn seine Frau Margarethe. „Ich bin nicht nur Rekordspieler, sondern auch schon 38 Jahre verheiratet“, betont er. Körbel, seine Frau und seine 20 Jahre alte Tochter Karla achten auf ihre Ernährung. Auch deshalb, meint er, sei er so lange fit geblieben. „Es nützt ja nichts, wenn du heimgehst und haust dir alles rein. Das passt bei mir halt einfach auch.“
Gesund zu leben, das versucht Körbel auch Kindern beizubringen an der Fußballschule der Eintracht, die er 2001 gründete - als er sich wieder versöhnt hatte mit seinem Verein. Der wollte Körbel nämlich als Scout. „Meine Arbeit an der Schule macht mir nach wie vor riesigen Spaß und ich habe noch immer neue Ideen. Das soll so bleiben“, sagt das Frankfurter Idol. Körbel will, dass die Jungen mit Spaß spielen, statt in einem großen Verein im Konkurrenzkampf unterzugehen. Auch dafür steht der „treue Charly“.