Kießling und die Bayer-Mauer - Luhukay verärgert
Berlin (dpa) - Kießling knipste, die Bayer-Mauer stand - und plötzlich ist Leverkusen der Meister-Jäger Nummer eins.
Als sich die großen Zwei Dortmund und München im Bundesliga-Hit duellierten, saßen die Verfolger um Matchwinner Stefan Kießling nach erfüllter Berlin-Mission im Flieger zurück an den Rhein. „Wir versuchen, den beiden da oben ein bischen lästig zu sein. Bis jetzt gelingt uns das ganz gut“, erklärte Sportdirektor Rudi Völler verschmitzt nach dem 1:0-Sieg bei Hertha BSC.
Mit 31 Punkten nach 13 Runden spielt Bayer 04 gerade die zweitbeste Saison der Vereinsgeschichte. Nur 2001/02 waren es zu dem Zeitpunkt noch zwei Punkte mehr - am Saisonende fehlte dem Werksclub nur ein Zähler auf Dortmund zum Titel. Jetzt liegt Bayer vier Punkte hinter Titelverteidiger FC Bayern (35) und drei vor dem BVB (28).
Nur einmal überkam Völler im Berliner Olympiastadion noch „ein bisschen Angst, als Ronny reinkam“. Doch auch der brasilianische Hertha-Ballermann vermochte es vor 47 419 Fans nicht mehr, die Spiel- und Feldvorteile des Aufsteigers in einen zählbaren Erfolg umzuwandeln. „Leverkusen stand wie eine Mauer“, resümierte Herthas Mittelfeldmann Per Skjelbred. Und Leverkusen hat eben einen Stefan Kießling, der mit seinem schon achten Saisontor (29. Minute) die sechsjährige Sieglosigkeit seines Teams gegen die Berliner beendete.
Jetzt kann Manchester United kommen. Bayer Chefcoach Sami Hyypiä sieht den neuen Bundesliga-Zweiten bereit für das große Duell am Mittwoch in der Champions League. Mit einem Sieg im eigenen Stadion kann das Achtelfinale gebucht werden. „Wir können mitnehmen, dass wir hart gearbeitet haben. Wir hatten eine gute defensive Leistung - und haben ein Tor mehr gemacht“, analysierte der finnische Trainer.
Eine „schlechte Nachricht“ hatte Bayer aber am Sonntag noch zu verkünden: Nationalspieler Sidney Sam zog sich einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel aus und fällt für das Spiel gegen ManU aus. „Das ist das Spiel der Spiele für uns in der Königsklasse. Da müssen wir auch ohne Sam alle Kraft und Wucht reinlegen“, forderte Völler.
„Es war ein hart erkämpfter Sieg“, gab Kießling zu. Wie schon beim FC Bayern (2:3) und zu Hause gegen Schalke 04 (0:2) investierte Hertha viel, spielte auch mit dem dritten Champions-League-Club auf Augenhöhe. Doch wieder stand der mutige Aufsteiger mit leeren Händen da, was Trainer Jos Luhukay erzürnte. „Ich ärgere mich maßlos, dass wir nicht mal einen Punkt holen“, erklärte der Niederländer und redete sich in Rage: „Wir haben 44 Flanken geschlagen, und nur eine davon war gut.“
Doch auch nach der einen guten Flanke konnte Tolga Cigerci per Kopf den stark reagierenden Bayer-Keeper Bernd Leno nicht überwinden (64.). „Am Ende bekommen wir Lob und Anerkennung, aber ich will erfolgreich sein. Wir wollen nicht nur gut Fußball spielen, sondern erfolgreich“, polterte Luhukay. 63 Prozent Ballbesitz, 9:1 Ecken, 12:4 Torschüsse gegen Bayer - durch die fehlende Effektivität aber bleibt Hertha mit 18 Punkten Tabellen-Siebter. „Das ist frustrierend, weil es nicht das erste Mal war“, ergänzte der Hertha-Coach.
„Die Niederlage ist schwer zu akzeptieren. Leverkusen hat ein Tor geschossen, das nicht hätte zählen dürfen“, kritisierte Berlins Manager Michael Preetz und verwies damit auf die knappe Abseitsstellung des schon nach drei Minuten für den verletzten Sam eingewechselten Jens Hegeler vor dem Bayer-Siegtor.
Kießling und Co. kann's egal sein. „Das war nicht überragend, aber souverän. Schalke 04 und Wolfsburg haben nicht gewonnen, deshalb sind die Punkte umso wichtiger“, sagte Völler. Trainer Hyypiä hatte anders als bei der blamablen Auswärtspleite in Braunschweig auf eine größere personelle Rotation verzichtet. Mit kompaktem Mittelfeld und einer gut organisierten Defensive trotzten die Gäste dem Flanken-Feuerwerk der Hertha. „Wir hatten das besprochen, wir müssen die Zuordnung im Sechzehner gut halten. Das ist ein Punkt, den wir mitnehmen können. Manchester United flankt auch viel“, meinte Hyypiä.