Labbadias brisanter Einstand mit Nordderby in Bremen
Bremen (dpa) - „Alles auf Null“: Mit einem Kurz-Trainingslager, geheimen Übungseinheiten und Einzelgesprächen hat Bruno Labbadia vor dem brisanten 102. Nordderby bei Werder Bremen nichts unversucht gelassen.
„Ich will nicht über die Schwächen reden, jeder Spieler hat Stärken und ist deswegen beim HSV. Ich habe richtig Lust auf das Spiel“, sagte der neue Coach des abstiegsbedrohten Hamburger SV vor dem Hochsicherheitsspiel am Sonntag (15.30 Uhr).
Die Arena ist mit 42 100 Zuschauern seit Wochen ausverkauft, rund 1000 Polizeibeamte und damit 850 Einsatzkräfte mehr als üblich sollen vor, während und nach dem Risikospiel für Sicherheit sorgen. Die Bundespolizei sprach ein 15-stündiges Alkoholverbot in Regionalzügen und auf Bahnhöfen aus. Die Angst vor dem möglichen Frust der HSV-Anhänger ist groß.
Im zweitägigen Kurz-Trainingslager in Rotenburg/Wümme zog Labbadia indes alle Register. Nur 20 Minuten des ersten Trainings waren für Fans und Reporter einsehbar, die anderen Übungseinheiten wurden hinter verschlossenen Toren absolviert. Der ehemalige Stürmer muss vor allem die schlechte Trefferquote von bisher nur 16 Toren ändern.
Die HSV-Fans klammern sich bei der Retter-Mission an die Startbilanz Labbadias bei seinem ersten Engagement an der Elbe: Von Juli 2009 an holte er als Nachfolger von Martin Jol in sechs Partien 14 von 18 Punkten. Und war damals Tabellenführer.
Auf Schützenhilfe seines alten Kumpels Viktor Skripnik darf der Hesse nicht hoffen. Der Werder-Trainer und der HSV-Coach spielten zwischen 1996 und 1998 gemeinsam für die Bremer in der Bundesliga. „Er wollte damals immer, dass ich nach dem Training Flanken schlage, obwohl ich nach Hause wollte. Er ist ein sympathischer Typ und ich wünsche ihm viel Erfolg, aber nicht für Sonntag“, sagte Skripnik.
Der Ukrainer rätselt noch, wie sich der Trainerwechsel bei den Hamburgern auswirken wird: „Vorteil oder Nachteil, das kann man nicht sagen.“ Gleichwohl erwartet er einen aggressiven Gegner: „Die stehen auf dem letzten Platz, die müssen etwas ändern.“ Werder will den 500. Bundesliga-Heimsieg einfahren. „Es geht nur um den Sieg in diesem Prestigeduell“, sagte Manager Thomas Eichin.
Die Turbulenzen beim HSV haben die Bremer Probleme in den Hintergrund gerückt. Das Team ist seit vier Spielen sieglos, schielt mit einem Auge auf die Europa League, ist aber noch nicht alle Abstiegssorgen los. Die Sportliche Leitung verhängte nach der 2:3-Pleite in Stuttgart den Profis einen Maulkorb. Torwart Raphael Wolf genießt trotz einiger Patzer weiterhin das Vertrauen. „Er spielt“, legte sich Skripnik auf den Keeper fest.
Kapitän Clemens Fritz und die Vereinsführung warben für ein friedliches Fußballfest. „Die Zweikämpfe sollten auf dem Feld geführt werden“, appellierte Fritz an die Fans. „Fußball ist kein Krieg“, ergänzte Skripnik. Innensenator Ulrich Mäurer bekräftigte die Absicht der Bremer Politiker, für die Mehrkosten beim Polizeieinsatz erstmals eine Rechnung über rund 300 000 Euro an die DFL zu schicken. „Das Thema ist alt“, kommentierte Eichin. „Toll finden wir das nicht.“