Lage beim HSV eskaliert: Morddrohungen und Revolte

Hamburg (dpa) - Meinungsdifferenzen, Mitgliederrevolte und sogar Morddrohungen: Nach dem Aus für Clubchef Bernd Hoffmann und der von Trainer Armin Veh angekündigten Trennung zum Saisonende ist die Lage beim Fußball-Bundesligisten Hamburger SV eskaliert.

Aufsichtsratsmitglied Marek Erhardt hat nach zwei anonymen Morddrohungen gegen sich und seine Familie Anzeige gegen Unbekannt gestellt. „Mir wurde klargemacht, dass sie es ernst meinen“, berichtete der Schauspieler, der wie vier weitere Kontrollgremiums-Mitstreiter gegen Hoffmanns Vertragsverlängerung votiert hatte. Dazu zählt auch Jürgen Hunke, dem ebenfalls anonym gedroht wurde: Man werde ihm „bald in einer dunklen Gasse auflauern“.

Derweil will eine Gruppe von HSV-Mitgliedern eine außerordentliche Mitgliederversammlung erwirken mit dem Ziel, den von Ernst-Otto Rieckhoff („Die Grenzen des Zumutbaren sind deutlich überschritten worden“) geführten Aufsichtsrat zu stürzen. Via Internet wurde ein entsprechender Antrag verbreitet, den ein Zehntel (ca. 6000 Mitglieder) aller stimmberechtigten HSV-Mitglieder unterzeichnen müsste. In diesem Schreiben ist von einer „vereinsschädigenden Einheit“ innerhalb des Kontrollgremiums, „die die Handlungsfähigkeit der geschäftsführenden Organe nicht mehr gewährleistet“, die Rede.

„Dass wir jetzt in eine Ebene mit massiven Bedrohungen gegen Aufsichtsräte kommen, hatten wir so extrem noch nie“, sagte der ehemalige Clubchef und seit Januar im Aufsichtsrat tätige Hunke dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwoch). „Da müssen wir aufpassen. Das Schlimmste ist, dass sogar in den HSV-Foren Führungskräfte, damit meine ich auch Bernd Hoffmann, denunziert werden.“

Hunke machte erstmals deutlich, dass schon seit längerer Zeit klar gewesen sei, dass die am 31. Dezember endenden Kontrakte mit Hoffmann und dessen Vertrauter Katja Kraus nicht verlängert würden. „Ein Kreis mit einem Personalberater“ habe seit August 2010 nach Nachfolgern für den Vorsitz gesucht. Daher habe man vor der Abstimmung am Sonntag, bei der Hoffmann/Kraus die nötige Zweidrittel-Mehrheit verpassten, auf eine Präsentation des Konzepts des Noch-Vorstandsduos verzichtet. Hunke betonte: „Er (Hoffmann) galt ja gar nicht mehr als Kandidat.“

Der HSV brauche nun „einen ordentlichen Vorsitzenden, der repräsentiert, der motiviert und begeistert“, erklärte Hunke. „Und vor allem muss er ehrlich sein.“ Und er braucht einen neuen Coach, da der von den vielen „Nebenkriegsschauplätzen“ genervte Veh am Dienstag erklärte, in der nächsten Saison nicht mehr zur Verfügung zu stehen. „In dieser Konstellation ist der Club schwer handlungsfähig. Ich sehe ein riesiges Vakuum“, sagte Veh, er will aber bis Saisonende bleiben. „Es mag problematisch werden, aber ich glaube, dass ich den Spielern bis zum Schluss etwas zu sagen zu haben und sie auch erreiche.“

Unterdessen ist ein möglicher Kandidat für die Hoffmann-Nachfolge abgesprungen. Björn Gulden, der vom Aufsichtsrat ins Spiel gebrachte norwegische Manager bei der Schuh-Firma Deichmann, hat offensichtlich kein Interesse. „Ich weise darauf hin, dass an diesem Thema nichts dran ist. Für Herrn Gulden steht ein Wechsel zum HSV nicht zur Debatte“, teilte die Kommunikationsabteilung des Unternehmens mit.