Luhukay: "Wir werden nicht schnell nervös."
Augsburgs Trainer über die spezielle Situation beim Aufsteiger, die Chance auf den Ligaerhalt und das Treffen mit Otto Rehhagel.
Augsburg. Sind Sie eigentlich froh, als Niederländer eine Königin zu haben?
Jos Luhukay: Warum?
So kommen Sie nie in die Verlegenheit, das Staatsoberhaupt mitzuwählen, wie Ihr Kollege Rehhagel. Der war leidlich genervt, als er nach dem Spiel darauf angesprochen wurde.
Luhukay: Das hat für mich auch nicht gepasst, ihn danach zu fragen. Es geht immer noch um Fußball. Er ist Trainer von Hertha BSC, und das zählt allein direkt nach einem Spiel.
Ihr Manager Andreas Rettig, als Rheinländer für feinsinnigen Humor bekannt, hatte von einer beabsichtigten Majestätsbeleidigung im Vorfeld des Kellerduelles erzählt. Sie, Herr Luhukay, haben sie organisiert und verantwortet. Wie haben Sie das gemacht?
Luhukay: Wir hatten eine bestimmte Strategie. So wie wir es angegangen sind, hat es funktioniert. Wir haben die Extraklasse, die Hertha mit Raffael und Ramos hat, gut ausgeschaltet. Wir hatten in der Rückrunde noch keinen Sieg. Bei einer Niederlage wären wir fünf Punkte hinter Hertha, jetzt stehen wir einen Zähler vor ihnen. Der Unterschied war, dass bei uns ein Team auf dem Platz stand. Das freut mich als Trainer. Wir werden aber nicht abheben. Wir müssen noch gegen die Top acht spielen.
Wie haben Sie die Begegnung mit Otto Rehhagel empfunden?
Luhukay: Die war kurz. Wir haben uns vor der Pressekonferenz und danach die Hand gegeben. Ich habe nicht mit ihm sprechen können.
Rehhagel hat zum Dienstantritt in Berlin gesagt: Er ist das Gesetz. Man hat den Eindruck, gleiches gilt für Sie in Augsburg, obwohl Sie das nie so formuliert haben.
Luhukay: Was heißt Gesetz? Unser Credo in Augsburg ist: Wir machen alles gemeinsam, Präsident, sportliche Führung und Trainer. Ich stehe natürlich sportlich in der Verantwortung. Wir wissen, wo wir herkommen. Als ich vor drei Jahren kam, haben wir uns am letzten Spieltag vor dem Abstieg aus der 2. Liga gerettet, waren im Jahr danach Dritter, standen im Pokal-Halbfinale und investieren nun alles, um die Bundesliga zu halten.
Gelänge dies, wäre das für Sie mehr als der Aufstieg?
Luhukay: Der Aufstieg war eine große Leistung. Und sollten wir in der Liga bleiben, steht das mit dem Aufstieg auf einer Stufe.
Was macht Sie in Ihrem dritten Jahr in Augsburg besonders stolz?
Luhukay: Wir haben eine Basis geschaffen, die selbst bei einem Abstieg den Club nicht aus der Bahn wirft. Wir haben ein neues Stadion, eine Explosion bei den Sponsorenzahlen und bei den Mitgliedern. Diese Entwicklung ist noch nicht zu Ende. Wir sind bei fast allen Parametern gegenüber den Konkurrenten in der Liga erst am Anfang. Wir gehen einen ähnlichen Weg wie Freiburg und Mainz. Die haben sich Schritt für Schritt weiterentwickelt, auch wenn sie mal abgestiegen sind.
Ihr Präsident Walter Seinsch hat Ihnen früh eine Jobgarantie gegeben. Was ist so anders in Ausgburg als in Gladbach, wo Sie nach dem Aufstieg schnell entlassen worden sind?
Luhukay: In Augsburg ist es familiärer, menschlicher, wesentlich ruhiger. Hier steht ein Trainer nicht so unter Druck. In Gladbach ist nach dem Aufstieg ein bisschen die Realität aus dem Auge verloren worden. Man braucht einfach Zeit, um eine Mannschaft zu entwickeln. Die Zeit bekomme ich in Augsburg.
Es erstaunt, dass Sie über die gesamte Saison nie eine eingespielte Stammformation gebildet haben. Halten Sie dadurch absichtlich die Spannung im Kader mit 16 in etwa gleich guten Spielern hoch und kitzeln so die optimale Leistung heraus?
Luhukay: Das war eher aus der Not geboren. Wir hatten in der ersten Serie teilweise acht bis zehn wichtige Spieler länger verletzt. Ich konnte selten die ideale Formation aufbieten. Jetzt haben wir im Winter noch leichte Korrekturen im Kader vorgenommen.
Sie gelten als kommunikativer Trainer, aber auch als ein Fußball-Lehrer mit klaren Grundsätzen. Sie haben vor der Saison Torjäger Michael Thurk weggeschickt und im Winter Kapitän Uwe Möhrle. Und doch war irgendwie immer Ruhe im Club. Wie geht das zusammen im hektischen Bundesliga-Alltag?
Luhukay: Bestimmte Entscheidungen sind nicht einfach. Wir haben das so entschieden, weil wir die Mannschaft weiterentwickeln wollen. Dazu gehören positive wie negative Entscheidungen. Wir haben das gemeinsam entschieden. In Augsburg liegt die Kraft in der Ruhe. Wir werden nicht schnell nervös.