Lustloser Star - Das Freiburger Problem mit Cissé
Freiburg (dpa) - Nach dem geplatzten Wechsel von Papiss Cissé nach England herrscht beim SC Freiburg große Unruhe um den Toptorjäger. Der Star ist frustriert und spielte zuletzt entsprechend. Doch der Verein ist von dessen Leistung abhängig und bietet ihm ein Trostpflaster an.
Freiburgs Trainer Marcus Sorg bemühte sich erst gar nicht, die Spekulationen um seinen lustlos wirkenden Torjäger zu zerstreuen. Die Frage, ob der senegalesische Fußball-Nationalstürmer zuletzt bockig gewesen sei, ließ der 45-Jährige nach dem ernüchternden 0:7 bei Rekordmeister FC Bayern München einfach unbeantwortet. Dem SWR-Fernsehen sagte Sorg stattdessen: „Man muss einem Spieler, der die Perspektive hat, sehr viel Geld zu verdienen und dem diese Perspektive dann genommen wird, mal den einen oder anderen Tag geben, es zu verarbeiten.“
Aber auch damit ließ Sorg vor dem richtungweisenden Derby gegen den VfB Stuttgart durchblicken: Es ist derzeit nicht gut Kirschenessen mit dem besten Bundesliga-Torschützen, den der SC Freiburg je hatte. Der geplatzte Wechsel zu Newcastle United in die englische Premier League macht Cissé mehr zu schaffen, als es der Sportclub zunächst erwartete.
Der Transfer scheiterte, weil die Südbadener nicht von ihrer hohen Ablöseforderung von über 15 Millionen Euro abrücken wollten. „Der Junge ist richtig sauer, das ist doch klar“, sagte SC-Sportdirektor Dirk Dufner. Cissé sei „noch in der Verdauungssituation, dass wir ihn nicht haben gehen lassen“.
Auch Kapitän Oliver Baumann berichtete nach der Pleite in München von einem geknickten Mitspieler. „Man hat Papiss schon etwas angemerkt. Er war mehr in Gedanken, ein bisschen verschlossener“, sagte der Torhüter. Er bezog sich damit allerdings noch auf die Zeit direkt nach dem Ende der Transferperiode Anfang September. Inzwischen habe sich der Topstürmer, der in bisher 53 Bundesligaspielen 32 Tore für die Freiburger erzielte, wieder gefangen. In Freiburg hat er noch einen Vertrag bis 2014.
Zum Training kam Cissé bislang zumindest immer pünktlich, wie es beim Tabellen-14. heißt. Allerdings wird diese Selbstverständlichkeit dort schon als großer Pluspunkt betont. Im Training am Dienstag verließ Cissé, der nach fast zwei Jahren beim SC noch immer keine Interviews auf Deutsch gibt, gemeinsam mit Garra Dembele und Daniel Caligiuri als Letzter den Übungsplatz - nach einem eifrigen Torschusstraining. Doch tut er das nur noch für seine persönliche Visitenkarte?
Letztlich weiß der SC Freiburg, dass er in dem Theater schlechte Karten hat. Denn mit einem lustlosen Stürmer ist ihm sportlich wie wirtschaftlich nicht geholfen. So zeigte der 26-Jährige in München einen ungewohnt dezenten Auftritt. An die Wiederholung eines Wechseltheaters wie bei Jonathan Pitroipa (2008 zum Hamburger SV) rechnet man beim SC aber nicht. „Einen zweiten Fall Pitroipa werden wir mit Papiss nicht haben“, sagte SC-Sprecher Rudi Raschke.
Mit Konsequenzen hat der Profi jedenfalls kaum zu rechnen und soll als Trostpflaster sogar eine Gehaltserhöhung bekommen. Denn neben ihm hat der SC keinen nur annähernd so zuverlässigen Torschützen. „Wenn Papiss so weiter arbeitet wie er es bisher in Freiburg getan hat, dann macht er automatisch seinen Weg“, sagt Sorg und traut ihm sogar die Champions League zu. Auch Dufner zeigt großes Mitgefühl. Cissé habe „jedes Recht“, angefressen zu sein. Der Manager sagt aber auch: „Wenn viel über einen Spieler geredet wird, ist das auch immer ein wenig belastend.“ Die Frage ist, wie lange das noch anhält.